Deutscher Teilnehmer im domradio-Interview

Jesuiten-Wahl in Rom

Delegierte des Jesuitenordens aus aller Welt kommen ab Montag in Rom zusammen, um einen neuen Leiter für den mit rund 20.000 Mitgliedern größten Orden der katholischen Kirche zu wählen. Der bisherige Amtsinhaber, der Niederländer Peter Hans Kolvenbach, tritt nach 24 Jahren zurück. Als deutscher Vize-Provinzial seines Ordens in Rom dabei ist Pater Stefan Kessler. domradio sprach mit ihm über das Treffen, die bevorstehende Wahl und den möglichen neuen Generaloberen.

 (DR)

Der Nachfolger von Pater Kolvenbach werde voraussichtlich bis am 18. oder 19. Januar gewählt, so Pater Kessler im domradio-Gespräch. Bis dahin müsse jeder der 218 Wahlmänner innerlich "Rechenschaft darüber ablegen, was im Orden gut und was möglicherweise schlecht" laufe. "Zur Wahl muss jeder antreten, ohne vorher bereits innerlich festgelegt zu sein."

Zur Frage wer der nächste "Schwarze Papst" werde, sagte er, der jetzige Pressesprecher des Papstes, Pater Federico Lombardi, sei ein Mann, der sicher das "Einverständnis des Papstes" hat. Aber auch andere Kandidaten kämen in Frage, zum Beispiel der gegenwärtige Provinzial von Australien, Pater Mark Raper.

Den Noch-Generaloberen Pater Kolvenbach würdigte der deutsche Ordensmann im domradio als Mann, der den Orden in den vergangenen Jahrzehnten mit "großem Geschick und Verdienst" geleitet habe. Er sei nicht, wie in den Medien immer wieder zu lesen sei, amtsmüde. Kolvenbach habe lediglich entschieden, ein Jüngerer könne die Geschicke des Ordens, bei dem stets so schnell entschieden werden müsse, besser leiten.

Sondererlaubnis von Papst Benedikt XVI.
Der Rücktritt eines Jesuiten-Generals ist ein bislang einmaliger Vorgang in der fast 500-jährigen Ordensgeschichte. Üblicherweise scheidet der Leiter, der mit Blick auf seinen Einfluss und die Priestersoutane auch "Schwarzer Papst" genannt wird, durch Tod aus dem Amt.

Für die jetzige Neuwahl war eine Sondererlaubnis von Papst Benedikt XVI. nötig. Der Nahostexperte Kolvenbach, der 25 Jahre im Libanon lebte und während seiner Zeit in Rom den Orden aus einer turbulenten Phase in ruhigeres Fahrwasser steuerte, wollte spätestens zu seinem 80. Geburtstag zurücktreten.

218 Wahlmänner entscheiden
Über den neuen Generaloberen entscheiden 218 Wahlmänner, die nach einem bestimmten Schlüssel aus allen Ordensprovinzen weltweit entsandt wurden. Die deutsche Provinz, zu der neben der Bundesrepublik auch Skandinavien zählt, ist mit dem Psychologen Hans Zollner von der römischen Gregoriana-Universität und dem Theologen Ulrich Rohde aus Frankfurt vertreten. Der neue Ordensobere muss mindestens 110 Stimmen auf sich vereinen.

Wie bei einem Papst-Konklave ist die Wahlversammlung streng abgeschirmt. Der Gebrauch von Telefonen ist verboten. Um die Stimmabgabe zu beschleunigen, kommt erstmals ein elektronisches Verfahren zum Einsatz. Der neue General muss mindestens 110 Stimmen auf sich vereinen. Über das Ergebnis wird umgehend der Papst informiert. Erst danach erfährt auch die Öffentlichkeit den Namen. Am 21. Februar will Benedikt XVI. die Jesuiten in Audienz empfangen. Mindestens bis dahin dauern die inhaltlichen Beratungen der Generalkongregation an.