Unabhängigkeitstag in Birma - Malteser im domradio zur Lage im Land

Blutiges Jubiläum

Zum 60. Mal begeht Birma am Freitag seinen Unabhängigkeitstag von der britischen Kolonialmacht. Viel zu feiern gibt es aber nicht: An der Oberfläche habe sich die Situation zwar beruhigt, insgesamt versinke das Land aber in Armut, berichtet Stefan Huppertz im domradio-Interview. Der Asien-Experte des Malteser-Hilfsdienstes war noch vor wenigen Wochen vor Ort. - Lesen Sie außerdem eine Reportage über die unterdrückte Situation der Mönche.

 (DR)

In Birmas Pagoden sind aber nur wenige buddhistische Mönche zu sehen. Einige haben sich seit der blutigen Niederschlagung der Pro-Demokratie-Proteste im Herbst vor der Verfolgung durch die Militärjunta in den Untergrund retten können, andere nicht.

Bo Kyi von der in Thailand ansässigen Hilfsorganisation für politische Flüchtlinge in Birma (AAPPB) befürchtet, dass viele Mönche in Gefängnissen und Lagern inhaftiert sind. Allein im berüchtigten Gefängnis Insein in Rangun seien mindestens 683 Mönche und politische Aktivisten in Haft. Eine blutige Bilanz zum Jubiläum.

Unterdrückung und Ausbeutung
Viel zu feiern haben die Birmaner nicht: Das Land versinkt in Armut, Unterdrückung und Ausbeutung. Als die Briten das Land 1948 in die Unabhängigkeit entließen, hatte Birma die besten Vorraussetzungen für eine nachhaltige Entwicklung. Bodenschätze wie Öl, Gas und Edelsteine garantierten Arbeit und Einkommen.

Dank seiner blühenden Landwirtschaft galt Birma das Land als Reisschale Asiens. Die Infrastruktur wuchs, die Verwaltung funktionierte und das Bildungssystem war vorbildlich.

Keine Schulen, kein Gesundheitssystem
Doch das ist Vergangenheit. Unter der über 40-jährigen Herrschaft des Militärs ist das einst wohlhabende Land zum Armenhaus Südostasiens geworden. "Wir sehen immer mehr Bildungsflüchtlinge, die wegen Schulen und Ausbildungsmöglichkeiten aus Birma fliehen", sagt Brian Solomon von der christlichen Flüchtlingsorganisation ZOA. Sie betreut zusammen mit anderen Hilfsorganisationen neun Flüchtlingslager in Thailand entlang der Grenze zu Birma. Dort leben 150.000 Flüchtlinge, hauptsächlich Angehörige unterdrückter ethnischer Minderheiten wie der Karen.

In deren Gebieten gebe es fast nichts: "Keine Schulen, kein Gesundheitssystem, selbst Nahrungsmitteltransporte von Hilfsorganisationen lässt die birmanische Armee oft nicht durch."

47 Millionen Birmaner leben an der Armutsgrenze
90 Prozent der 47 Millionen Birmaner leben an der Armutsgrenze.
Die Junta, die laut Transparency International zu den korruptesten Regierungen der Welt gehört, gibt 40 Prozent des Staatsbudgets für das Militär aus. Als die Regierung im August vergangenen Jahres die Preise für Kraftstoffe um 500 Prozent anhob, war das der Tropfen, der das Fass zum Überlaufen brachte.
Buddhistische Mönche begannen mit Protesten, die Ende September in Massendemonstrationen gipfelten.

Auch drei Monate nach deren brutaler Niederschlagung dauern Verhaftungen und Schikanen an. Ende Dezember wurden religiöse Vorträge hochrangiger Mönche verboten. Auf dem Index stehen CDs und Videos mit Predigten von angeblich regimekritischen Mönchen. "Wir kennen die genaue Zahl der politischen Gefangenen seit dem Ende der Proteste nicht", sagt Bo Kyi.

Er wirft der Militärjunta zudem vor, dass der nach den Protesten versprochene Dialog mit der Oppositionspolitikerin Aung San Suu Kyi nicht stattfinde. Die Friedensnobelpreisträgerin und Vorsitzende der Oppositionspartei Nationale Liga für Demokratie, die seit 18 Jahren fast ununterbrochen unter Hausarrest steht, ist die Hoffnungsträgerin der Birmaner - wie früher ihr Vater, der den Briten die Unabhängigkeit abhandelte, bevor ihn ein politischer Rivale ermordete. Sein Name ist in Birma derzeit tabu; kaum jemand traut sich, ihn öffentlich auszusprechen, seit die Tochter politisch geächtet ist.

Doch zu Ende ist der Widerstand gegen das Militärregime nicht.
Die Proteste gehen weiter: Mönche verweigern die Annahme von Spenden von Armeeangehörigen, und politische Aktivisten führen Untergrundkampagnen gegen die Junta. Bo Kyi ist sich sicher: "Es wird 2008 wieder Großdemonstrationen geben."

Von Michael Lenz (KNA)