Lage bleibt angespannt - Arzt berichtet im domradio - Präsident zu Gesprächen bereit

Kenia ist nicht Ruanda

Die Lage in Kenia bleibt angespannt. Nachdem die Regierung gestern eine Großdemonstration gewaltsam verhindert hat, wollen die Oppositions-Anhänger nun erneut protestieren. Die Kirchen versuchen unterdessen zu vermitteln. Im domradio berichtet ein Arzt über die humanitären Folgen der Krise im Land.

 (DR)

Dr. Heiko Phillippin arbeitet bei der Christoffel Blindenmission in Westkenia. Sein Krankenhaus, so der Augenarzt im domradio-Interview, seit durch die aktuelle Lage weitgehend von der Außenwelt abgeschnitten. Kranke täten sich schwer, die medizinische Versorgung in Anspruch zu nehmen. Auch Mitarbeiter gelänge es nach den Wahlen nicht, in die Klinik zurückzukehren.

Insgesamt aber habe sich die Lage entspannt, glaubt Phillippin. In Kenia seien starke Kräfte zu einem friedlichen und normalen Leben unterwegs. "Von grausamen Szenen wie in Ruanda sind wir noch weit entfernt." Ob er das Land verlassen will? "Natürlich habe ich darüber nachgedacht. Aber eigentlich besteht kein Bedarf. Außerdem wäre das wohl die gefährlichere und schwierigere Variante."

Vermittlungsversuche der Kirchen
Unterdessen laufen in Kenia die internationalen Vermittlungsversuche auf Hochtouren. Gestern schaltete sich auch der südafrikanische Friedensnobelpreisträger und Alterzbischof von Kapstadt, Desmond Tutu, in die Vermittlungsbemühungen ein und traf Oppositionsführer Odinga. "Ich freue mich, dass die Opposition bereit ist, Gespräche unter internationaler Vermittlung zur Lösung der Krise zu führen", sagte Tutu nach einem zweistündigen Gespräch mit Odinga.

Der kenianische lutherische Bischof Zachariah Kahuthu rief Präsident Kibaki und Oppositionsführer Odinga zu einem Treffen ohne Vorbedingungen auf. "Wenn nötig, müssen auch die Stimmen neu ausgezählt werden", so der Bischof.

Tränengas und Wasserwerfer
Mit Tränengas und Wasserwerfern hatten  Militär und Polizei am Donnerstag die Demonstranten gestoppt. Die Odinga-Partei Orange Democratic Movement (ODM) verschob daraufhin die geplante Protestkundgebung gegen die umstrittene Wiederwahl von Präsident Mwai Kibaki auf kommenden Dienstag. "Wir werden so lange dort sein, bis der Wille des Volkes gesiegt hat", kündigte ein Oppositionssprecher die neuen Massenproteste an.

Vor allem die Not der Menschen spitzt sich weiter zu. Bei den Unruhen wurden in dem ostafrikanischen Land nach Polizeiangaben inzwischen mehr als 340 Menschen getötet. Etwa 100.000 Menschen sind Schätzungen des Roten Kreuzes zufolge auf der Flucht. Die Hilfsorganisation bat um Gelder in Höhe von 7,5 Millionen Dollar, um die Flüchtlinge versorgen zu können.