Afrika-Pater im domradio zu Lage in Kenia

No Raila, no peace

In Kenia bleibt die Lage ernst: Medien im Land sprechen inzwischen von bis zu 1.000 Toten und 100.000 Menschen auf der Flucht. "Die Menschen sind wütend", sagt Ludwig Peschen. Der Priester und Arzt ist für die "Gesellschaft der Afrikamissionare" in Kenia. Im domradio-Interview beschreibt er die dramatische Situation im Land.

 (DR)

Er habe erlebt, so Peschen, dass Menschen mit Knüppeln, Metallstangen und Macheten in ihren Händen an seiner Wohnung vorbeigezogen seien. Dabei hätte die Masse skandiert: "No Raila, no peace"

Raila Odinga war der Gegenkandidat des inzwischen erneut vereidigten Präsidenten Mwai Kibaki. Er macht Kibaki für die Unruhen direkt verantwortlich und wirft ihm Völkermord vor.

"Das ganze Land weiß: Hier ist Wahlbetrug vorgefallen. Die Leute sind wütend." Hinzu komme, so Peschen, dass sehr viele Menschen in Kenia arbeitslos seien. Mit den Unruhen drücke sich deshalb zusätzlich Unzufriedenheit mit den sozialen Umständen im Land aus. Odinga habe es im Wahlkampf vor allem geschafft, junge Menschen anzusprechen. Ihnen habe er zahlreiche Verbesserungen versprochen, deshalb gingen nun vor allem sie auf die Straßen.

Kenias Muslim-Rat ruft Politiker zu Gesprächen auf
Angesichts der Gewalt in Kenia hat der oberste muslimische Rat des Landes zu Frieden aufgerufen. Im Chaos komme man "keinen positiven Schritt weiter", sagte der Präsident des Rates laut römischem Pressedienst misna (Mittwoch). Damit schloss sich der Muslim-Rat den Forderungen anderer nationaler und internationaler Organisationen an, die ein Treffen von Staatspräsident Mwai Kibaki und Oppositionsführer Raila Odinga zur Beilegung der Spannungen verlangen.

misna sprach von teils stark überhöhten Opferzahlen. Das kenianische Rote Kreuz habe bislang nur den Tod von 120 Menschen bestätigt, die bei Ausschreitungen seit den Präsidentschaftswahlen am 27. Dezember ums Leben kamen. Nationale Medien gingen von rund 300 Toten und 1.000 Verletzten aus. Zudem sollen mehr als 100.000 Menschen auf der Flucht sein.

Jüngst starben laut Polizeiangaben mindestens 30 Menschen nach der Brandstiftung einer Kirche in Eldoret. In der westkenianischen Stadt hatten im Zusammenhang mit den politisch motivierten Stammeskonflikten der Volksgruppen Luo und Kikuyu zahlreiche Menschen in einem Gotteshaus Zuflucht gesucht, nachdem zuvor offenbar ihre Häuser niedergebrannt wurden.

"Kann nicht sagen, ob Kibaki wirklich der Sieger ist"
Kenias Wahlleiter Samuel Kivuitu räumte unterdessen ein, dass die verkündeten Ergebnisse nicht der Wahrheit entsprächen. "Vertreter von Kibakis Partei haben mich ständig angerufen und aufgefordert, sofort Ergebnisse zu liefern. Ich kann nicht sagen, ob Kibaki wirklich der Sieger ist", sagte er vor der Presse in Nairobi.

Neben Großbritanniens Premierminister Gordon Brown und US-Diplomaten forderte auch Bundesaußenminister Frank-Walter Steinmeier (SPD) die Rivalen zu einer friedlichen Konflikt-Lösung auf. Am Nachmittag wurde der AU-Vorsitzende, Ghanas Präsident John Kufuor, in Nairobi erwartet, um zu vermitteln.