Neonazi-Opfer will zum Sterben nach Berlin kommen

Dignitate macht ernst

Die Sterbehilfeorganisation Dignitate hat nach einem Bericht von "Bild-online" einen Schwerstkranken gefunden, der sich in Deutschland bei der Selbsttötung helfen lassen will. Der Briten Noel Martin (48), ist seit einem Angriff von Neonazis in Brandenburg vor elf Jahren querschnittsgelähmt ist und kann nur noch einen Arm bewegen kann.

 (DR)

Der mittlerweile im britischen Birmingham lebende Martin hat bereits mehrfach seinen Freitod angekündigt.
"Zum Sterben komme ich nach Berlin", sagte Martin der "Bild"-Zeitung. "Meine letzte Reise hier anzutreten, schließt einen offenen Kreis."

Präzedenzfall schaffen
Schon im November hatte Dignitate bekanntgegeben, dass die Sterbehilfeorganisation auch einen pensionierten Mediziner gefunden habe, der bereit sei, einem Schwerkranken beim Suizid zu helfen. Ziel von Dignitate ist es, einen Präzedenzfall zu schaffen, um den ärztlich assistierten Suizid in Deutschland nach dem Beispiel der Schweiz zu legalisieren. Die Rechtslage in der Bundesrepublik ist unklar: Da der Versuch der Selbsttötung nicht strafbar ist, wird auch die Beihilfe zur Selbsttötung nicht rechtlich belangt. Allerdings können Helfer anschließend wegen unterlassener Hilfeleistung vor Gericht kommen. Das ist allerdings unter Juristen umstritten.

Dignitate, ein Ableger der Schweizer Sterbehilfe-Organisation Dignitas, will notfalls bis zum Bundesgerichtshof gehen, um Rechtsklarheit zu schaffen. In der Schweiz ist die Beihilfe zur Selbsttötung legal, solange sie uneigennützig geschieht.

Zeitpunkt noch offen
Wann der 48-jährige Noel Martin nach Deutschland kommt, blieb zunächst offen. Vor seinem Tod will er noch eine Hilfsorganisation für bedürftige Kinder gründen. "Es hat vier Jahre gedauert, die Voraussetzungen dafür zu schaffen. Jetzt sind meine Anwälte mit den rechtlichen Voraussetzungen fast fertig.

Dann ist mein Vermächtnis gesichert", zitiert ihn das Blatt. Auch von seiner Familie wolle er sich noch verabschieden. Vor drei Wochen sei der gebürtige Jamaikaner zum ersten Mal Großvater geworden. Trotzdem habe er erklärt: "Mein Entschluss zu gehen, steht fest. Ich möchte das Familienleben meines Sohnes nicht mit meinen Problemen belasten."

Showeffekt gesucht?
Die Deutsche Hospiz Stiftung verurteilte das Vorgehen von Dignitate. Es gehe der Organisation allein um mediale Öffentlichkeit und große Showeffekte. "Eine ethische Diskussion, wie wir sie tatsächlich brauchen, haben die Schweizer Sterbehelfer nicht im Sinn", sagte der Geschäftsführende Vorstand Eugen Brysch. Sie bediene den Voyeurismus anderer Menschen und versuche verstärkt, den Unterschied zwischen Töten und Sterbebegleitung zu verwischen. "Für Tötungsdelikte darf es in Deutschland auch zukünftig keinen gesetzlichen Freifahrtsschein geben", sagte Brysch.