Der Kölner Erzbischof Meisner im Jahr 2007 - Zuspruch und Kritik - Ein Blick zurück auf ereignisreiche Monate

Ein Kardinal mit Meinung, "gelegen oder ungelegen"

Es waren meist die vermeintlich skandalträchtigen Äußerungen des Kölner Kardinals Meisner, die von der lokalen und bundesweiten Presse begierig aufgegriffen wurden: zum Moscheen-Streit und Richter-Fenster, zur "entarteten Kultur" oder "Gebährmaschinen-Debatte". Ähnlich wichtigen Themen wie der Stammzellen-Debatte, der Rückgabe der Thorarolle an die Kölner Synagoge, der Ökumene am Kirchentag oder der päpstlichen Enzyklika wurde da viel weniger Aufmerksamkeit zuteil. Darum: domradio.de mit einem Rückblick auf das Jahr mit dem Kölner Kardinal, u.a. mit seiner persönlichen Sicht der Dinge und seinen Predigten als Video und Audio!

Autor/in:
Ralf Walter
 (DR)

"Ich sage grundsätzliche Dinge nicht mit dem Ziel, die Menschen zu ärgern, sondern weil ich mich als Bischof vor meinem Gewissen verpflichtet weiß, die Dinge beim Namen zu nennen - ob gelegen oder ungelegen. Widerspruch macht mir keine Freude, er belastet mich auch. Wer würde denn das Gegenteil von sich behaupten? Doch wenn ich schweigen würde, wo ich sprechen muss, könnte ich damit nicht leben. Das habe ich auch noch nie getan - auch nicht in den Zeiten, als mich das Reden oft teuer zu stehen kam, wenn ich früher von der Staatssicherheit in der DDR vorgeladen wurde."

Das sagte der Kölner Kardinal Meisner wenige Tage vor Weihnachten dem Kölner Stadtanzeiger (Dumont Verlag), als er auf die oft empörten Reaktionen auf seine Predigten und Aussagen angesprochen wurde. Wer die Stasi überlebt hat, kann es anscheinend mit der Presse und Kritikern locker aufnehmen.

Gottes Wort verkünden, "gelegen oder ungelegen"
Und domradio-Chefredakteur Ingo Brüggenjürgen sagte der Erzbischof: "Mich bewegt immer das fragende Wort des Herrn, wird der Menschensohn wenn er wiederkommt noch Glauben finden. Und meine ganze Berufung, meine Lebensberufung, ist darin begründet, dass der Herr, wenn er wiederkommt, noch Glauben findet. Und da muss ein Bischof einstehen für diesen Glauben, gelegen oder ungelegen. Oft ist es ungelegen, und wenn er dafür Widerspruch erfährt, kann er sehr gut schlafen und dankbar sein, dass ihm Gott die Möglichkeit gegeben hat sein Wort zu verkünden."

Vor diesem Hintergrund läßt sich wohl so manches Missverständnis im nun zu Ende gehenden Jahr erklären. Generalvikar Dr. Dominik Schwaderlapp bedauerte während der "Entartete-Kultur-Affäre" im domradio-Interview, es fehle allzu oft "das nötige Wohlwollen" auch einem Kardinal gegenüber. Und dieses fehlte wohl auch bei anderen Gelegenheiten, als die Empörung Wellen schlug: ob Kardinal Meisner an der Mauer in Israel, Kardinal Meisner zur Bevorzugung einer häuslichen Erziehung von Kleinkindern, oder Kardinal Meisners vehementer Einsatz für das ungeborene Leben: stets gingen Medien,  Einzelpersonen oder Verbände auf die Barrikaden und häufig konnte nach der ersten Aufregung durch Gespräche Verständnis für die jeweiligen Positionen gefunden werden.

Im oben zitierten Interview räumte aber auch der Erzbischof ein, dass er sich öfters frage, "warum haben die Menschen mich jetzt missverstanden?". Aber er müsse über Dinge sprechen, "um die ich selbst ringe, auch auf die Gefahr hin, damit Widerspruch zu provozieren."

Und so können die Christen in Deutschland, aber auch alle anderen Interessierten, auch im kommenden Jahr pointierte Stellungnahmen des Erzbischofs zu Bioethik, Familien- und Sozialpolitik und anderen relevanten Themen unserer Gesellschaft erwarten - auch wenn Meisner laut Kirchenrecht 2008 dem Papst seinen Rücktritt anbieten muss.

Alle Predigten, die wir für Sie im Kölner Dom aufgezeichnet haben, finden Sie übrigens hier als Video und Audio.

Das Jahr 2007 im Rückblick

Januar
Meisners Wunsch für 2007: "Mehr Kinder"

Kölner Erzbischof würdigt Vermächtnis Kardinal Höffners: Predigt zum 100. Geburtstag

Meisner betont Nähe von Kirche und Karneval: Pontifikalamt für Karnevalisten war ein voller Erfolg

Kardinal Meisner ruft "Jahr der Ehe und Familie" aus: Erzbistum bietet breites Angebot für Familien


Februar
Kinderkrippendebatte: Forderung nach wahrer Chancengleiheit und Beistand für Bischof Marx

Kritik an Horst Seehofer: Darf ein CSU-Politiker eine Geliebte und ein Kind mit ihr haben?


März
Trauer um Dompropst: Kardinal würdigt Bernhard Henrichs

Kritik an Familienpolitik der Koalition: Scheckbuchpolitik

Kardinal Meisner eröffnet Papstausstellung in Köln: Papst Benedikt - "der Mozart der Theologie"


Deutsche Bischöfe im Heiligen Land: Gedenken an Kardinal Höffner und Empörung über Mauer


April
Papst Benedikt wird 80: "Ein virtuoser Verkünder"

Erderwärmung aus mangelndem Glauben: Meisner such nach Gründen für die drohende Klimakatastrophe.

Ostern: Leidenschaftlicher Appell für das Leben

Wirbel um Papst-Satire in der "Welt": "Geschmacklos und beleidigend"


Mai
Kritik am Ökumene-Konzept der Evangelischen Kirche: "Wollen wir die eine Kirche?"

Botschaft von Fatima bis heute aktuell: "Keulenschlag gegen den Wissensstolz"

Würdigung des Diözesanrats im Erzbistum Köln: Kein "Rückzug auf binnenkirchliche Themen"



Juni
Jürgen Becker darf Erzbischof nicht "Hassprediger" nennen

Heiligtumwallfahr in Aachen

Evangelischer Kirchentag in Köln: Zwischen "Leipziger Allerlei und ökumenischem Gottesdienst

Fronleichnam Absage an ökumenisches Abendmahl

Kritik Moscheebau in Köln: Domtürme und Minarette

Priesterweihe im Kölner Dom: "Wartet auf die Menschen"


August
Richter-Fenster: Kritik "arrogant und unverschämt"?

Meisner wünscht sich mehr Avantgarde-Kunst über Christus

Pädagogische Woche: "Kennt Euren Glauben präzise"

Abschied von Jean-Marie Lustiger: "immer ein gerngesehener Gast"


September
Domwallfahrt: "Und er stellte ein Kind in ihre Mitte"

Meisner zu kirchlichen Krankenhäusern: "evangeliumsgemäße Krankenpflege"

Kolumba-Einweihung und die Gefahr einer "entarteten Kultur"

Beginn des muslimischen Ramadan und jüdisches Neujahrsfest: Gruß des Kardinals

Kinderkrippendebatte: "Frage der Gerechtigkeit"


Oktober
Erzbistum ordnet Seelsorgebereiche neu: "Die Leute gewinnen und mitnehmen"

Gebete für Opfer und Angehörige des Unglücks auf der Großbaustelle des neuen RWE-Kraftwerks in Grevenbroich-Neurath

Sieben Tage mit dem Erzbischof - Neues Buch über den Kölner Kardinal

Ende des Ramadan: Meisner grüßt Muslime

November
Volker Beck und der Hassprediger-Vorwurf

Synagoge erhält Thorarolle zurück

Meisner würdigt kirchliche Jugendsozialarbeit


Dezember
Stammzellendebatte: "Missbrauch des Wortes katholisch"

Jahresabschluss-Interview im Kölner Stadtanzeiger