Glaubenskongregation veröffentlicht neues Papier - Kirchen in Deutschland reagieren positiv

Missionsappell aus Rom

Das letzte Papier der Glaubenskongregation - die im Juli veröffentlichten "Antworten auf Fragen zu einigen Aspekten bezüglich der Lehre über die Kirche" zur Ökumene - sorgte noch für einen Streit zwischen den Kirchen in Deutschland. Protestanten kritisierten vor allem den Anspruch der Katholischen Kirche, die "einzig wahre Kirche Christi" zu sein. Heute hat die vatikanische Glaubenskongregation eine neue Erklärung veröffentlicht. Der Titel: Lehrmäßige Note zu einigen Aspekten der Evangelisierung. Die Reaktionen: diesmal durchweg positiv.

 (DR)

Kardinal Karl Lehmann sagte, der Text der Glaubenskongregation sei ein "Appell für eine glaubwürdige Evangelisierung in der Welt von heute". Für die Evangelische Kirche in Deutschland (EKD) erklärte der Ratsvorsitzende Wolfgang Huber, die missionarische Herausforderung sei eine gemeinsame Aufgabe der Kirchen. Allerdings sei die ökumenische Dimension nicht ausreichend gewürdigt.

Die Sendung der Kirche dürfe nicht auf Ethik und Sozialarbeit verkürzt werden, sagte Kardinal Lehmann: "Es geht um das reale Heil und die Bedingungen es zu gewinnen, für alle Menschen." Gerade die westliche Welt sei oft durch "Missionskritik und Missionsmüdigkeit gelähmt", so der Vorsitzende der katholischen Deutschen Bischofskonferenz.

Schick: Dokument aus Rom ist Bestätigung für Hilfswerke
Als Bestätigung für die Arbeit der deutschen Missionswerke bewertet der Bamberger Erzbischof Ludwig Schick das Dokument. Es sei ein Aufruf an missio Aachen und München sowie an Adveniat, die Missionsaufgabe als gemeinsamen Auftrag wahrzunehmen, sagte der Vorsitzende der Kommission Weltkirche der Deutschen Bischofskonferenz am Freitag der Katholischen Nachrichten-Agentur (KNA) in Bamberg.

Schick räumte jedoch ein, dass manchmal mehr das soziale Engagement den Auftrag zur Evangelisierung überlagert haben könnte. Die Weltkirche-Kommission werde sich intensiv mit dem Schreiben der Glaubenskongregation beschäftigen. "Es kann uns nochmals deutlicher machen, was wir zu tun haben und sicher den einen oder anderen Aspekt mehr ins Bewusstsein rücken." Gleichzeitig gelte aber auch, dass es das Evangelium ohne das Soziale nicht geben könne. Der Glaube werde in der Liebe wirksam, wie dies auch Papst Benedikt XVI. betone.

Außerdem wertete der Erzbischof das Papier als ein starkes ökumenisches Zeichen. "Wir müssen uns einig werden, damit wir besser das Evangelium zu den Menschen bringen", sagte Schick. Dass das Dokument bei der orthodoxen Kirche in Russland für Irritationen sorgen könnte, glaube er nicht. Mögliche Konflikte resultierten eher aus dem Alleinvertretungsanspruch der Orthodoxie.

Auch EKD kommentiert positiv
Aus evangelischer Sicht könne dem Grundton und vielen Aussagen des Vatikan-Dokumentes zugestimmt werden, sagte der EKD-Ratsvorsitzende Huber: "Die missionarische Aufgabe ist eine gemeinsame Herausforderung unserer Kirchen. Auf diesem Feld wollen wir voneinander lernen und miteinander vorankommen", so der Berliner Bischof. Er vermisst allerdings, dass die ökumenische Praxis missionarischen Handelns der Kirchen nicht vollständig wahrgenommen werde. Mission gehe es in erster Linie nicht um Mitgliederzuwachs für die eigene Kirche, sondern darum, dass Menschen überhaupt kirchliche Heimat fänden.

Der lutherische Ökumene-Experte, Landesbischof Friedrich Weber, sagte, Mission sei die Aufgabe aller Kirchen über Konfessionsgrenzen hinweg. Er verwies zugleich auf Unterschiede. Während der Vatikan-Text auf scharfe Abgrenzung zu Agnostizismus, Relativismus, indifferentem Pluralismus und geistigem Individualismus setze, setze die lutherische Theologie eher auf Dialog. Von der katholischen Kirche müsse "Proselytismus", also das Bewegen von Christen zum Übertritt zu einer anderen Konfession, ebenso klar zurückgewiesen werden, wie sie das Recht auf Religionsfreiheit in allen Ländern einfordere, so Bischof Weber.

"Lehrmäßigen Note zu einigen Aspekten der Evangelisierung"
In der am Feitag veröffentlichten Erklärung der vatikanischen Glaubenskongregation bekräftigte der Vatikan hat das Recht und die Pflicht der katholischen Kirche zur Missionsarbeit und zur Evangelisierung. Die Verkündigung der christlichen Botschaft und die Bekehrung zu Christus und zum katholischen Glauben seien kein Ausdruck von Intoleranz oder gar ein Angriff auf die Freiheit anderer Menschen. Vielmehr gehörten die Verkündigung und das Zeugnis des Evangeliums zum "Wesen der Kirche" und seien der allererste Dienst, den die Christen der Menschheit leisten könnten. In einer "Lehrmäßigen Note zu einigen Aspekten der Evangelisierung" lehnt der Vatikan jeglichen Zwang in Glaubensfragen ab. Er beklagt jedoch, dass etliche Länder auch heute noch weder das Recht auf freie Glaubensverkündigung gesetzlich anerkennten noch wirklich respektierten.

In dem 20-seitigen Dokument heißt es, eine wachsende Verwirrung lasse heute vielfach den Missionsauftrag Christi ungehört und unwirksam werden. Der Respekt vor der religiösen Freiheit dürfe den Menschen keinesfalls gleichgültig gegenüber der Wahrheit und dem Guten machen. Die vom US-amerikanischen Kardinal William Levada geleitete Kurienbehörde wendet sich gegen relativistische Auffassungen, die jeden Verkündigungs- und Bekehrungsversuch als Angriff auf die Freiheit betrachteten.

Die legitime Pluralität von Denkpositionen sei heute vielfach einem "indifferenten Pluralismus gewichen", beklagt die  Glaubenskongregation. Dahinter verberge sich ein "Misstrauen gegenüber der Wahrheit". Man meine, den christlichen Glauben nicht für Nicht-Christen verkündigen zu dürfen und deren Zugehörigkeit zur Kirche nicht fördern zu sollen. Andere lehnten die Verkündigung Christi mit der Begründung ab, man könne auch ohne ausdrückliche Kenntnis Christi und ohne formale Eingliederung in die Kirche gerettet werden.

Nicht Machtstreben, sondern rechtmäßiges Angebot
Die Kirche wolle mit ihrer Missionierung keinesfalls eine Machtgruppe vergrößern, stellt der Vatikan klar. Vielmehr gehe es ihr darum, die Menschen "in das Netz der Freundschaft mit Christus" eintreten zu lassen. Die Kirche sei Werkzeug des Reiches Gottes und nicht eine politische Utopie; sie sei "Werkzeug einer wahren Humanisierung des Menschen und der Welt". Daher sei es keine ungebührlich Einmischung, sondern ein rechtmäßiges Angebot und ein Dienst, wenn man "den Verstand und die Freiheit einer Person" ehrlich zur Begegnung mit Christus und seinem Evangelium auffordere.

Für den Christen gehöre zur gläubigen Annahme des Evangeliums auch der Wunsch, es anderen mitzuteilen, hebt das Papier hervor. Die volle Zustimmung zu Christus und der Eintritt in die Kirche verminderten nicht die menschliche Freiheit, sondern erhöhten sie und brächten sie zu Vollendung. Zur Evangelisierung gehöre der ehrliche Dialog, betont der Vatikan. Die Kirche verbiete "streng, dass jemand zur Annahme des Glaubens gezwungen oder durch ungehörige Mittel beeinflusst oder angelockt werde". Umgekehrt trete sie auch für das Recht ein, dass "niemand durch üble Druckmittel vom Glauben abgehalten werde".

Ausdrücklich fordert die Glaubenskongregation die ökumenische Zusammenarbeit und den Dialog mit den nicht-katholischen Christen. Die Entscheidung eines Nicht-Katholiken, aus Gewissensgründen in volle Gemeinschaft mit der Kirche zu treten, sei als Ausdruck der Gewissens- und Religionsfreiheit zu respektieren. Es handele sich in einem solchen Fall nicht um Proselytismus im negativen Sinn. Die "Wiederaufnahme solcher Einzelner" stehe keineswegs im Gegensatz zur Ökumene.