Europa diskutiert Kosovo und Türkei

EU-Gipfel in Harmonie

Nach dem Ende der EU-Verfassungskrise will die Europäische Union nun stärkere Handlungsfähigkeit demonstrieren. Dabei ging es am Freitag auf dem EU-Gipfel in Brüssel vor allem um eine geschlossene Haltung in der Kosovo-Frage sowie um die Fortsetzung der seit Monaten stockenden Beitrittsverhandlungen mit der Türkei.

 (DR)

Wichtigster Punkt des eintägigen Treffens war die Frage, wie die 27 EU-Mitgliedsstaaten mit einem absehbar unabhängigen Kosovo umgehen. Während die Mehrzahl der EU-Mitglieder die Unabhängigkeit der bislang noch serbischen Provinz anerkennen will, haben Zypern, Griechenland, Slowenien und Rumänien zum Teil schwerwiegende Bedenken angemeldet.

Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) sagte zu Beginn des Gipfels, sie hoffe auf ein "geschlossenes Auftreten" der EU. Die Europäische Union wolle aber auch Belgrad "signalisieren, dass wir ein stabiles Serbien brauchen". Dort finden im Januar Wahlen statt. Daher drängt die EU die kosovarische Führung, nicht vor Februar die Unabhängigkeit von Belgrad zu erklären.

Der Präsident des Europaparlaments, Hans-Gert Pöttering (CDU), mahnte eine geschlossene, zugleich aber flexible Haltung der EU an. "Die Selbstständigkeit des Kosovo und ihre sicherheitspolitische Garantie sollten verbunden werden mit zeitlichen Abläufen, die auf die Wahlen Anfang 2008 in Serbien Rücksicht nehmen", sagte Pöttering in seiner Ansprache vor den 27 EU-Staats- und Regierungschefs. Festigkeit in den Grundsätzen müsse gekoppelt werden mit Flexibilität im Verfahren.

Juncker: Kosovo darf nicht zum Dauerproblem werden
Der Brüsseler Gipfel will vor diesem Hintergrund die Bereitschaft der EU bekräftigen, eine führende Rolle bei der Absicherung der Stabilität in der Region zu übernehmen. Dazu soll im kommenden Jahr die größte Mission der EU im Rahmen der Europäischen Sicherheits- und Verteidigungspolitik (ESVP) gestartet werden. Vorgesehen ist die Entsendung von bis zu 1800 EU-Beamten. Luxemburgs Regierungschef Jean-Claude Juncker mahnte seine Kollegen, das Kosovo dürfe nicht zum "Dauerproblem" werden.

Zweiter Punkt der Beratungen war die Fortsetzung der Beitrittsgespräche mit der Türkei, die Ende vergangenen Jahres de facto auf Eis gelegt wurden. Vor allem Frankreich stemmt sich gegen das Ziel einer Vollmitgliedschaft und erhofft sich von einem "Rat der Weisen" Vorschläge über die Grenzen der Erweiterung. Dieses Gremium wurde am Freitag trotz zunächst gegensätzlicher Personalvorschläge beschlossen und soll im Rahmen einer Dreierspitze vom ehemaligen spanischen Premierminister Felipe Gonzalez geleitet werden.

EU-Parlamentspräsident Pöttering begrüßte die Einigung auf das offiziell Reflexionsgruppe genannte Gremium. Ein "Nachdenken über die Zukunft Europas" sei immer "verdienstvoll". Jedoch entbinde dies nicht die Politiker, eigene Entscheidungen zu treffen, mahnte er.

Von André Spangenberg (ddp)