Bundestag rückt Kultur ins Zentrum der Debatte - Lammert: Bedeutung der Kultur wird unterschätzt

Was von der Gesellschaft bleibt

Die Enquete-Kommission "Kultur in Deutschland" hat ihren über 500 Seiten starken Bericht mit 465 Handlungsempfehlungen an Bund, Länder, Kommunen und andere Adressaten vorgelegt. Zu den Vorschlägen gehören Maßnahmen zur Verbesserung der sozialen Lage von Künstlern und die Aufnahme des Staatsziels Kultur ins Grundgesetz. Beklagt wurde, dass die Aufwendungen für Kultur von Bund, Ländern und Gemeinden zwischen 2001 und 2005 um 600 Millionen auf 7,8 Milliarden Euro gesunken sind.

Autor/in:
Stefan Uhlmann
 (DR)

Bundestagspräsident Norbert Lammert (CDU) ist ein kulturinteressierter Mann. Auf seiner Internetseite gibt er Tipps für Theater, Ausstellungen und Literatur. Der CDU-Politiker war bis 2002 kulturpolitischer Sprecher seiner Fraktion und im vergangenen Wahlkampf Angela Merkels Mann für die Kultur. Es war wohl auch Lammert zu verdanken, dass der Bundestag am Donnerstag in seiner Kernzeit am Vormittag zwei Stunden lang über die Kultur debattierte, was selten vorkommt.

Die Bedeutung der Kultur werde von der Öffentlichkeit nach wie vor unterschätzt, leitete Lammert die Debatte ein. Die kulturelle Bedingungen seien für die Gesellschaft ebenso wichtig wie wirtschaftlichen und sozialen Strukturen.

Die Vorsitzende der Enquete-Kommission "Kultur in Deutschland" Gitta Connemann (CDU) bezeichnete den Bericht als "Kulturkompass". "Kultur ist das, was von einer Gesellschaft bleibt", unterstrich Connemann. Die Steuerdebatten dieser Tage würden im Gegensatz zu kulturellen Leistungen in 50 Jahren vergessen sein. Connemann wies ferner auf den parteiübergreifenden Konsens in der Kommission hin. "Das ist die Stärke der Kultur", sagte die CDU-Politikerin.

Auch in der Debatte dominierten die Gemeinsamkeiten der Redner. Gemahnt wurde, die Empfehlungen der Kommission umzusetzen. 99 Prozent davon seien einvernehmlich beschlossen worden, sagte der Vorsitzende des Kulturausschusses, der FDP-Politiker Hans-Joachim Otto. Die Grünen-Abgeordnete Undine Kurth Grüne bat Kulturstaatsminister Bernd Neumann (CDU), seine Länderkollegen zu Mehrausgaben für die Kultur zu drängen.

Die Links-Fraktion forderte, das Amt eines Kulturministers zu schaffen. Die Abgeordnete Lukrezia Jochimsen sprach von "Glanz und Elend" der Kultur in Deutschland. Ihr Fraktionskollege Roland Claus beklagte, die Kommission habe bei der Bewertung von 40 Jahren Teilung für die Kultur in Deutschland versagt.

Die SPD-Finanzexpertin Lydia Westrich monierte, dass öffentlicher Sparzwang oft zuerst zu Einsparungen bei der Kultur führe. Westrich machte auf die schwierige soziale Lage vieler Künstler und Kulturschaffender aufmerksam. Ihr Jahreseinkommen betrage im Schnitt 11 000 Euro. An dieser Stelle schlug die SPD-Politikerin einen Bogen zur Tagespolitik. "Da könnten wir glatt in eine Mindestlohndebatte einsteigen", sagte Westrich.