Vor 40 Jahren rief Papst Paul VI. den Weltfriedenstag ins Leben

Gute Vorsätze für den Planeten

Wenn endlich Eintracht herrschte auf Erden, brauchte es den Friedenstag nicht. So aber redet der Papst stets zu Neujahr dem Planeten ins Gewissen, appelliert, mahnt, beklagt, was alles zwei Jahrtausende nach der Geburt des Heilands noch im Argen liegt. Mit dem kommenden 1. Januar wird die Kampagne der Päpste, die die Welt ein wenig besser machen soll, 40 Jahre alt.

Autor/in:
Burkhard Jürgens
 (DR)

Es war Papst Paul VI. (1963-1978), der angesichts des atomaren Wettrüstens erstmals zum 1. Januar 1968 die Menschheit aufrief, sich im Namen von Leben, Wahrheit, Gerechtigkeit, Freiheit und Liebe hinter das Friedensbanner zu scharen. Die Initiative stellte sich zwar unter das Patronat der Gottesmutter Maria, wollte aber ausdrücklich als nicht exklusiv religiös, geschweige denn katholisch verstanden werden. Mit dem Weltfriedenstag bekundete die katholische Kirche ihre neu empfundene Verantwortung für die Welt: Christen teilten, wie es im Zweiten Vatikanischen Konzil (1962-1965) hieß, "Freude und Hoffnung, Trauer und Angst" aller Menschen.

Zur Vorgeschichte des Kampagnentags gehört auch die Enzyklika "Pacem in terris" (Friede auf Erden), mit der Johannes XXIII.
1963 auf die Kuba-Krise reagierte, Verhandlungen zwischen den Blockmächten forderte und die Einhaltung der Menschenrechte verlangte. Es war das erste große Lehrschreiben, mit dem sich ein katholisches Oberhaupt nicht nur an die eigenen Gläubigen wandte, sondern "an alle Menschen guten Willens" - ein Ausdruck, den Paul VI. in den ersten Worten seines Friedensappells aufgriff.

Die Botschaften - jeweils vor Weihnachten in mehreren Sprachen veröffentlicht und per Diplomatenpost über die Nuntiaturen an Staatsoberhäupter, Regierungschefs, Bischöfe und andere religiöse Oberhäupter verschickt - waren in den vier Jahrzehnten allerdings alles andere als konkrete Tagesordnungen für den Weltfrieden.

Paul VI. formulierte eher allgemeine Appelle, ohne den Finger zu fest auf friedenspolitische Brennpunkte zu legen; Johannes Paul II. widmete seine Botschaften Themen wie Entwicklung und Solidarität (1987), der Schöpfung (1990), der Rolle der Frau
(1995) oder dem Dialog der Kulturen (2001).

Die Texte bieten bewusst wenig Ansatzpunkte für eine politische Verzweckung - was es wiederum schwierig macht, überhaupt ihre Resonanz zu messen. In seiner Botschaft zum 25. Weltfriedenstag ging Johannes Paul II. auf den eben beendeten Golfkrieg 1991 nur verhüllt als "tragische Ereignisse der vergangenen Monate" ein; ebenso summarisch erwähnte er demokratische Fortschritte in anderen Weltgegenden. "Vor dem Hintergrund von Licht und Schatten will diese jährliche Botschaft weder einen Fortschrittsbericht noch ein Urteil bieten, sondern nur eine neue brüderliche Einladung, aktuelle menschliche Vorgänge zu bedenken", hieß es.

Von Amts wegen sind an den Texten zwei vatikanische Behörden
beteiligt: Der 1967 ins Leben gerufene Rat für Gerechtigkeit und Frieden (Iustitia et Pax) - so etwas wie das Menschenrechts-Referat des Papstes - und die für Außenbeziehungen zuständige Sektion des Staatssekretariats. Zufall oder nicht - seit Kardinal Renato Raffaele Martino "Iustitia et Pax" leitet, nennen die päpstlichen Friedensbotschaften den Nahen Osten und seine Konflikte durchweg beim Namen. Der Süditaliener, bis 2002 Vatikan-Gesandter bei der UNO, machte auch sonst schon durch deutliche Stellungnahmen von sich reden: Vor dem Irak-Feldzug verurteilte er den geplanten Angriff als moralisch unvertretbar und als eine Schmach für die UNO.

Die Friedensbotschaft 2005 konstatierte mit Bitterkeit das fortdauernde Drama im Irak. Der erste Neujahrsappell in der Amtszeit Benedikt XVI. sprach 2006 von der "gemarterten Bevölkerung Palästinas, des Landes Jesu"; im folgenden Jahr warf der Papst den Vereinten Nationen Versagen im Libanon-Krieg vor.

In den Aufrufen der vergangenen Jahre zeigt sich mehr Wille zur Konkretion. Wahr ist aber nach wie vor, was Paul VI. in der ersten Botschaft vor 40 Jahren schrieb: dass ein langer Weg nötig sei, um die junge Generationen zu Brüderlichkeit und Solidarität zu erziehen.