Merkel unterstützte Forschungsministerin Schavan

Die CDU - tief gespalten

Am späten Montag kam es zur einzigen heftige Kontroverse auf dem CDU-Parteitag. Rund zwei Stunden stritten die Delegierten um eine eindeutige Absage an eine Ausweitung der Forschung mit embryonalen Stammzellen. Am Schluss warb Parteichefin Angela Merkel selbst für den Kurs ihrer Forschungsministerin Annette Schavan, den Stichtag im geltenden Stammzellgesetz zu verschieben. Der Initiativantrag von gut 30 Delegierten um die Kirchenbeauftragte der Bundestagsfraktion, Ingrid Fischbach, die der Stichtagsverschiebung eine Absage erteilen wollten, unterlag mit 301 gegen 323 Stimmen. Die CDU - tief gespalten. "Merkel hat's gedreht", hieß es.

 (DR)

Die Linie der Kanzlerin war acht Stunden zuvor bei ihrer Grundsatzrede schon absehbar. Das Klonen erklärte sie zum Tabu, sie beschwor den Schutz des Embryonenschutzgesetzes, nannte das Vorgehen der Organisation "Dignitas" bei der Sterbehilfe eine "Unverschämtheit" und empörte sich geradezu über das Ausbleiben einer Änderung bei der Spätabtreibung. Beim Thema Stammzellforschung blieb die Parteichefin indes vage: Mit der CDU gebe es nur eine Forschung mit "strengen Bedingungen".

Schon seit Monaten ringt die Politik, vor allem auf Drängen der Deutschen Forschungsgemeinschaft, um eine Liberalisierung des Stammzellgesetzes von 2002. Das Thema wird, wie bei Gewissensfragen üblich, im Bundestag ohne Fraktionszwang behandelt, Gruppen von Abgeordneten schließen sich über Lagergrenzen zusammen. Mittlerweile kursieren im Parlament drei konkurrierende Anträge, die vermutlich im ersten Quartal 2008 im Plenum beraten werden sollen. Im Vorfeld des Parteitages reichten mehrere Untergliederungen der CDU Anträge ein, um entweder im Grundsatzprogramm oder in einer eigenen Resolution ein klares Nein zur Liberalisierung des Stammzellgesetzes festzulegen. Und stets nahm die Antragskommission unter Ronald Pofalla diese Pointe aus den Anträgen heraus oder wollte sie gleich an die Bundestagsfraktion weiter verweisen.

Embryonenforschung nicht verharmlosen
In Hannover traten als Verfechter eines strikten Kurses unter anderen Ingrid Fischbach und Peter Weiß, der Kolping-Bundesvorsitzende Thomas Dörflinger, die Bioethik-Experten Julia Klöckner und Hubert Hüppe, sowie der neue Vorsitzende des Marburger Bundes, Rudolf Henke, auf. Sie verwiesen auf das christliche Menschenbild, nannten den Begriff "Embryonenforschung" angesichts der Tötung von Embryonen verharmlosend. Auch Maria Böhmer, die 2002 das Stammzellgesetz als strengen Kompromiss gestaltet hatte. Die Staatsministerin ergriff als einzige aus der Führungsriege das Wort.

Zuvor hatte sich Merkel in Einzelgesprächen an jene Vertreter der Parteiführung gewandt, die eine Novellierung des Stammzellgesetzes ablehnen. Sie drängte sie, nicht das Wort zu ergreifen. Auch die Ministerpräsidenten, die zuvor gegenüber Journalisten ein striktes Nein zu mehr Embryonenforschung formuliert hatten. Und nun schwiegen.

Die Unterstützer
Unterstützung fand der Schavan-Kurs etwa bei Peter Hintze, Katherina Reiche, Eberhard Gienger, Friedbert Pflüger und bei Schavans Staatssekretär Thomas Rachel, der, Bundesvorsitzender des Evangelischen Arbeitskreises der CDU, erzählte, die Bibel sei "kein politisches Lehrbuch". Sie verwiesen auf die Potenziale der Forschung, die auch bei adulten Stammzellen nur erfolgreich sein könne, falls die Forscher Vergleichsmöglichkeiten mit neueren embryonalen Stammzellen bekämen.

Manipulation der Debatte?
Dass die Debatte dennoch kein Schlagabtausch wurde, lag an der Regie des Parteitags. Sie ließ - anders als üblich - zunächst die Riege der Schavan-Kritiker ans Mikrofon. Dann kamen die Unterstützer und nach Schavan dann Merkel. Klöckner sprach von einer "sehr auffälligen" Rednerliste, die viel Raum für Vermutungen zulasse, andere sprachen von regelrechter "Manipulation".

Schlussendlich kam es zur knappen Abstimmung, mit bemerkenswerten Zügen: Schavan plädierte für die Liberalisierung - im Gegensatz zu den Delegierten ihres Kreisverbands Ulm, die sie noch Tage zuvor aufgefordert hatten, sich einer Ausweitung der Forschung zu widersetzen. NRW-Chef Jürgen Rüttgers, sein Arbeitsminister Karl-Josef Laumann und Bundestags-Fraktionschef Volker Kauder gehörten zu jenen, die, auf der Bühne neben Merkel sitzend, offen gegen die Parteichefin stimmten. Wegen des knappen Meinungsbildes kam es dann zur schriftlichen Abstimmung.