Weltklimakonferenz: Die Einigung auf gemeinsame Ziele wird schwieriger

Kyoto, Bali, Kopenhagen

Das Kyoto-Protokoll von 1997 war nur ein erster Schritt - das wussten engagierte Klimaschützer von Anfang an. Wenn es 2012 ausläuft, soll der Kampf gegen die gefährliche Erwärmung des Erdballs richtig losgehen. Damit wird das Kyoto-Folgeabkommen, über das auf Bali erstmals konkret verhandelt wird, ungleich komplizierter werden als der jetzige Vertrag. Die Verhandlungen sollen 2009 in Kopenhagen abgeschlossen werden. So könnte das neue Abkommen vielleicht einmal als "Kopenhagener Vertrag" in die Geschichte eingehen.

 (DR)

Schönheitsfehler vermeiden
In Kyoto verpflichteten sich die wichtigsten Industrieländer - und nur sie - zur Verminderung von sechs Treibhausgasen um insgesamt 5,2 Prozent im Vergleich zu 1990. Dabei versprach zum Beispiel die EU eine Minderung um acht Prozent, die USA sagten sieben Prozent zu, Kanada sechs Prozent. Innerhalb der EU gab es dann noch einmal eine Lastenteilung. Daraus ergibt sich das deutsche Minderungsziel von 21 Prozent bis 2012.

Das Kyoto-Protokoll wurde erst nach jahrelangen Verhandlungen abgeschlossen. Danach folgten sieben Jahre Hickhack über die Ratifizierung. Erst 2005 trat das Abkommen in Kraft - mit dem gravierenden Schönheitsfehler, dass die USA, der weltweit größte Produzent der gefährlichen Treibhausgase, inzwischen ausgestiegen waren. All dies soll nun beim Folgeabkommen vermieden werden. Laut EU-Verhandlungslinie geht es darum, alle Industrieländer einzubinden und sie zu konkreten Minderungszusagen zu bringen.

Auch Entwicklungsländer sollen Pflichten übernehmen
Die EU hat dafür die Marke von 30 Prozent bis 2020 vorgegeben: Die Europäer wollen sich auf dieses Ziel festlegen, wenn andere Industrieländer sich "zu vergleichbaren Anstrengungen verpflichten und die Entwicklungsländer angemessen zu diesem Regime beitragen", wie es in Erläuterungen des Bundesumweltministeriums heißt. Dies gibt auch einen Hinweis auf den zweiten Knackpunkt: Erstmals sollen - anders als in Kyoto - auch die Entwicklungsländer Pflichten übernehmen. Dabei geht es insbesondere um die großen Schwellenländer China und Indien, deren Emissionen rasch steigen.

Die Einbindung der Schwellenländer gilt als Schlüssel dafür, auch die USA festzunageln. Allerdings soll der Beitrag der Länder, die auf dem Weg zu Wohlstand erst am Anfang stehen, aus Sicht der EU geringer sein als der der Industrieländer, die schon 100 Jahre Schmutz in die Luft blasen und für den Klimawandel verantwortlich sind. Die Entwicklungsländer sollten zum Klimaschutz beitragen, indem sie "ihr wirtschaftliches Wachstum vom Emissionswachstum abkoppeln", beschreibt das Umweltministerium die EU-Linie. Mit anderen Worten: Ihnen sollen zunächst noch steigende Emissionen erlaubt werden, aber eben nicht ungebremst steigende.

Saubere Entwicklung
Um das alles zu bewerkstelligen, sollen zwei Schlüsselelemente aus dem Kyoto-Protokoll weiter entwickelt werden: der Emissionshandel und die "Hilfe zu sauberer Entwicklung" (Clean Development Mechanism). Ein "globaler Kohlenstoffmarkt", so die Position der EU, soll Investitionen in klimafreundliche Technologien beflügeln.

Das Grundprinzip ist aus dem europäischen Emissionshandel bekannt: Die Gesamtemissionen werden mit einem Deckel (Cap) begrenzt und für jede Tonne Dreck, die in die Luft soll, braucht man ein Verschmutzungsrecht (Zertifikat). Damit bekommt die Verschmutzung einen Preis. Hat man zu wenig Zertifikate, muss man zukaufen, hat man welche übrig, darf man verkaufen. Im Hintergrund schwebt die von Bundeskanzlerin Angela Merkel propagierte Idee, dass letztlich jeder Mensch auf der Erde die gleichen Verschmutzungsrechte haben soll.

Die Erfahrung mit dem EU-Emissionshandel zeigt allerdings, dass die Details hochkompliziert sind. Ähnlich sieht es mit dem "Clean Development Mechanism" aus. Wenn Deutschland in Kenia eine Tonne Kohlendioxid vermeidet, darf sich die Bundesregierung dies auf dem Kyoto-Punktekonto anrechnen. Ziel ist, einerseits Geld zu sparen, andererseits aber auch, in den Entwicklungsländern gleich die beste, klimaschonende Technik zu installieren. Dieser Technologie-Transfer soll ausgebaut werden, damit die Entwicklungsländer klimaschonend wachsen können.

Weitere wichtige Punkte in dem neuen Abkommen: Wie kann der Entwaldung in den Entwicklungsländern Einhalt geboten werden? Die Brandrodung trägt inzwischen erheblich zu den weltweiten Emissionen bei. Der Ausstoß aus dem Flug- und Schiffsverkehr soll ebenfalls begrenzt werden. Schließlich geht es darum, wie sich die Welt auf die Erwärmung einstellt, die schon jetzt nicht mehr zu stoppen ist, und wer dafür zahlt.

Merkel macht Druck beim Klimaschutz
Vor Beginn der Weltklimakonferenz auf Bali hatte Deutschland die internationale Staatengemeinschaft zum Kampf gegen den Klimawandel aufgerufen. Bundeskanzlerin Angela Merkel  sagte, weltweit müssten die CO2-Emissionen bis 2050 gegenüber dem Wert von 1990 halbiert werden. Dies sei eine "riesige Aufgabe". "Das kann nur noch die Weltgemeinschaft gemeinsam", betonte Merkel.

Umweltminister Sigmar Gabriel (SPD) appellierte an die Industrienationen, ihre Volkswirtschaften auf erneuerbare Energien umzustellen. Die Grünen warfen der Bundesregierung schwere Versäumnisse beim Klimaschutz vor.

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