Koalition einigt sich nach monatelangem Streit - Ver.di stimmt geändertem Tarifvertrag zu

Weg für Mindestlohn frei

Nach monatelangem Streit hat sich die Koalition in Berlin auf einen Mindestlohn bei der Post geeinigt. Beide Seiten werteten am Donnerstag den Durchbruch als einen Erfolg ihrer Politik.

 (DR)

"Jetzt ist die Kanzlerin am Zug"
Die Tarifpartner haben nach Angaben von ver.di-Sprecherin Cornelia Haß vereinbart, dass Mindestlöhne künftig für jene "Betriebe oder Betriebsteile, die überwiegend Briefsendungen für Dritte befördern", gelten sollen. Mit der Formulierung sei den Bedenken seitens der Union Rechnung getragen worden. Die ver.di-Tarifkommission stimmte der Vereinbarung am frühen Nachmittag zu.

Der Mindestlohntarifvertrag war zuvor bei Union und privaten Post-Wettbewerbern auf Widerstand gestoßen, da unklar war, ob die Vereinbarung die für allgemeinverbindliche Lohnuntergrenzen notwendigen mehr als 50 Prozent der Beschäftigten erfasst. Moniert wurde auch die Höhe der ausgehandelten Mindestlöhne für die Branche von 8,00 bis 9,80 Euro. Diese wurde laut ver.di jedoch nicht verändert.

Die stellvertretende Vorsitzende Andrea Kocsis hob hervor: "Jetzt ist die Kanzlerin am Zug. Das Gesetzgebungsverfahren zur Erweiterung des Arbeitnehmer-Entsendegesetzes muss zügig vorangetrieben werden." Der Mindestlohn sollte nach der ursprünglichen Vereinbarung der Koalitionspartner mit dem Wegfall des Postmonopols zum 1. Januar 2008 eingeführt werden.

Scholz schon vorher zuversichtlich
Zuvor hatte der neue Bundesarbeitsminister Olaf Scholz (SPD) sich zuversichtlich gezeigt, dass ein Mindestlohn in der Branche noch möglich sei. "Ich sage voller Optimismus, das werden die Koalitionsparteien miteinander hinkriegen", betonte er in seiner ersten Rede als Minister im Bundestag.

Ähnlich hatte sich zuvor auch CDU-Generalsekretär Ronald Pofalla geäußert. Wenn es zwischen Tarifparteien ein Ergebnis gebe, "werden wir uns in der Koalition erneut zusammensetzen", versprach er.

CSU-Chef Erwin Huber begrüßte die Einigung der Tarifparteien. "Jetzt ist der Weg frei für eine zügige Einführung des Post-Mindestlohns, und zwar unter voller Wahrung der Tarifautonomie", sagte er.

"Jetzt endlich einem Post-Mindestlohn zustimmen"
Unions-Fraktionschef Volker Kauder sieht die Forderungen der Union ebenfalls erfüllt. Es gebe aus der SPD klare Signale, dass die Ausweitung des Entsendegesetzes auf die Briefträger in der nächsten Woche so beschlossen werden könne, betonte er. Scholz und SPD-Chef Kurt Beck hatten noch für den Nachmittag spontane Presse-Statements angekündigt.

Grünen-Arbeitsmarktexpertin Brigitte Pothmer verlangte: "Damit Lohndumping bei den Briefzustellern rechtzeitig zur Liberalisierung des Postmarktes ein Ende gesetzt wird, muss die Änderung des Entsendegesetzes noch vor Jahresfrist durch Bundestag und Bundesrat." Ihre Partei gehe davon aus, dass die große Koalition und die Länder "jetzt endlich einem Post-Mindestlohn zustimmen".