Klimakonferenz: EU und USA legen auf Bali ihre Karten noch nicht offen

Klimapoker unter Palmen

Es war ein sanfter Regen, der am Montag genau während der Eröffnung der Weltklimakonferenz über dem Luxus-Ferienort Nusa Dua auf Bali niederging. Das Bild von einer blühenden Insel mit lächelnden Menschen trübte er nicht. Der Leiter des UN-Klimasekretariats, Yvo de Boer, nannte Bali einen der schönsten, aber auch gefährdetsten Orte des Planeten. Das Ergebnis der Konferenz entscheidet mit über das Schicksal der indonesischen Insel, so die deutsche Greenpeace-Vertreterin in Bali im domradio-Interview.
Auch die Kirchen äußerten sich zum Bali-Auftakt.

 (DR)

Die Dringlichkeit des Klima-Treffens sei in erster Linie den Ländern bewusst, die vom Klimawandel betroffen sind und es sein werden, so Greenpeace-Klimaexpertin Gabriela von Goerne im domradio.

Goerne erwartet von der Bali-Konferenz einen "Durchbruch", alle Staaten müssten sich einig werden und es ein Anschlussprotokoll an das von Kyoto ermöglichen. "Die Industriestaaten müssen zusagen, ihre Treibhausgase massiv zu reduzieren. Aber auch Entwicklungsländer müssen ihren Beitrag leisten, z.B. indem sie Entwaldung und Abholzung der Urwälder begrenzen."

Kirchen verlangen entschiedenen Klimaschutz
Zum Auftakt der UN-Klimakonferenz mahnten Kirchenvertreter konkrete Maßnahmen für den Klimaschutz an. "Um ein angemessenes und gerechtes Klimaschutzabkommen für die Zeit nach 2012 zu sichern, müssen die Regierungen ein neues Verständnis des Begriffs der Gerechtigkeit entwickeln", heißt es in einem am Montag in Hannover veröffentlichten Schreiben der anglikanischen Kirche, der lutherischen Kirche Schwedens sowie der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD). Gerechtigkeit gehe über nationale Interessen hinaus und nehme Klima als "globales öffentliches Gut" in den Blick.

Der Brief der Kirchen ist an den derzeitigen EU-Ratspräsidenten, Portugals Regierungschef Jose Socrates, sowie an EU-Kommissionspräsident Jose Manuel Barroso gerichtet. Unterzeichner sind der anglikanische Erzbischof von Canterbury, Rowan Williams, der schwedische Erzbischof Anders Wejryd sowie der EKD-Ratsvorsitzende Bischof Wolfgang Huber.

Der Klimawandel erfordere mehr, als sich nur gegen die Umweltzerstörung einzusetzen, heißt es in dem Schreiben. "Er erfordert auch, die Armut zu bekämpfen und für die Sicherheit der Menschen zu sorgen." Ein neues Gerechtigkeitsverständnis könne das Verhältnis zwischen den Menschen sowie zur Natur verändern. Die Geistlichen begrüßen die "kreativen Anstrengungen", die gegenwärtigen Klimadiskussionen auf ein solches Verständnis hin zu orientieren. Jeder Mensch habe das gleiche Recht, die natürlichen Ressourcen der Erde nachhaltig zu nutzen. Der Brief wurde auch den Regierungschefs in Großbritannien, Schweden und Deutschland sowie UN-Generalsekretär Ban Ki Moon zugeleitet.

Hoffnung auf einen Durchbruch
Die zweiwöchige Weltklimakonferenz begann mit starken Appellen, hohen Erwartungen und freundlichen Worten. Der kenianische Umweltminister David Mwiraria erhofft sich Entscheidungen, "um den Planeten Erde für künftige Generationen zu retten". Er leitete die Klimakonferenz im November 2006 in Nairobi, die von lähmendem Stillstand geprägt war.

Seither hat sich einiges geändert. "2007 könnte gut als Jahr des Klimawandels bezeichnet werden", sagte De Boer. Wie nie zuvor habe sich die Welt mit dem Thema Erderwärmung befasst, unter anderem auf dem Gipfel der acht wichtigsten Industrienationen (G-8) im Juni in Heiligendamm. Darauf stützte der niederländische UN-Experte seine Hoffnung auf einen Durchbruch in den weltweiten Klimaverhandlungen.

USA contra EU
Die USA haben sich bewegt und sitzen auf Bali mit am Tisch, obwohl sie dem Kyoto-Abkommen über eine Senkung der Treibhausgas-Emissionen in Industrieländern nicht beigetreten sind. Doch die Kluft zwischen Washington und den 176 Kyoto-Staaten ist noch groß. Trotz der Bewegung im Klimajahr 2007 sprach De Boer denn auch von einem "Quantensprung nach vorn", den die Welt von Bali erwarte.

Dabei wird auf Bali noch kein neues Klimaschutz-Abkommen für die Zeit nach Ablauf der Kyoto-Vereinbarungen im Jahr 2012 verhandelt, sondern lediglich der Fahrplan, die Themen und die Frist für Verhandlungen. Die größten Differenzen bestehen zwischen den USA und der EU: Brüssel hat sich bereits zu einer Senkung der Treibhausgas-Emissionen auf mindestens 20 Prozent bis 2020 verpflichtet und möchte, dass die anderen reichen Staaten nachziehen. Washington lehnt verbindliche Ziele ab und setzt auf Freiwilligkeit.

Dabei stehen sich zwei Auffassungen konträr gegenüber: Während die USA von klaren Vorgaben Schaden für ihre Wirtschaft befürchten, sehen Europäer darin eine Hilfe für Investitionsentscheidungen. Am Montag ließen beide Seiten offen, wie eine Annäherung möglich sein könnte.
Der UN-Klima-Chef De Boer schlug denn auch vor, erst über Inhalte, dann über den rechtlichen Rahmen zu sprechen: "Schließlich ist ein Ehevertrag der Höhepunkt einer Liebesgeschichte, nicht das Gesprächsthema beim ersten Date."

Der Leiter der US-Delegation, Harlan L. Watson, griff dieses Bild gerne auf. "Wir sind heute beim ersten Date", sagte er. So blieb offen, wieweit sich die USA bewegen könnten. 2009 sollen die Verhandlungen nach dem Bali-Mandat abgeschlossen sein. Bis dahin ist eine neue Regierung in Washington im Amt.

Die Rolle der Entwicklungs- und Schwellenländer
Eine wichtige Rolle spielen die Entwicklungs- und Schwellenländer, ohne die wirksamer globaler Klimaschutz nicht möglich ist. So ist China nach den USA mit seinen Kohlendioxid-Emissionen Klimasünder Nummer zwei, nach manchen Berechnungen schon die Nummer eins. Die ärmeren Staaten sind mit der klaren Erwartung nach Bali gekommen, finanzielle und technische Hilfe zu erhalten, um Klimaschutz betreiben und die Folgen der globalen Erwärmung bewältigen zu können.

Bundesumweltminister Sigmar Gabriel (SPD), der in der nächsten Woche zum Ministertreffen auf der Klimakonferenz erwartet wird, sieht Deutschland auch in der Nord-Süd-Zusammenarbeit vorn. "Wir fahren mit 120 Millionen Euro für Klimakooperationen mit Entwicklungsländern nach Bali", betonte er. Unterdessen würdigte eine Sonderausgabe der "Bali Post" Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) mit einem Foto auf Seite eins und den Worten, Deutschland wolle im Klimaschutz anderen Staaten ein Beispiel geben.

Von Elvira Treffinger (epd)

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