Zum 150. Todestag Joseph von Eichendorffs

Der letzte Romantiker

Er soll ein liebenswerter und ehrlicher Mensch gewesen sein. Dem Zeichner Eckhard Henscheid gilt er als "die vielleicht lauterste Stimme der deutschen Poesiegeschichte".

 (DR)

 

 Am 26. November 1857 starb Joseph von  Eichendorff. Lesen Sie hier ein Portrait des Dichters und hören das große domradio-Gespräch mit  Literatur-Professor und Eichendorff-Biograph Hartwig Schulz oder eines seiner Gedichte.

Über die landläufigen Vorstellungen von Romantik hinaus

Schließlich gehört Joseph von Eichendorffs "Aus dem Leben eines Taugenichts" zu den unvergessenen Erlebnissen der Schullektüre:
Arkadisch heiter schwebt seine Novelle über Abgründen, die dem Verfasser nur allzu vertraut waren.

Er gilt als der "letzte Romantiker", schon früh wuchs er über die landläufigen Vorstellungen von Romantik hinaus. Mit den "Mondscheinjägern" und "Schmachthähnen" seiner Jugend wollte er nicht verwechselt werden. Der Dichter reimte zwar mit Vorliebe "Wälder" auf "Felder" und "Bäume" auf "Träume", aber selbst auf seine lieblichsten "Matten" fallen in seinen Versen "Schatten" und "erschrocken" reagieren seine Rehe auf ferne "Glocken".

Bei Jesuiten in die Schule gegangen

Wenn Eichendorff von "Heimat" sprach, dachte er nicht nur an das Schloss seiner Eltern im schlesischen Lubowitz, wo er am 10. März
1788 zur Welt gekommen war. Mit jedem "Abschied", jeder "Nacht" in seinen Gedichten tröstete sich der tiefreligiöse Katholik mit dem ewigen Zuhause, das ihm nicht verloren gehen konnte wie die Landgüter seiner Familie. Diese mussten 1818 verkauft werden, weil sich sein Vater verspekuliert hatte.

Bis dahin hatte der junge Landadlige gemeinsam mit seinem Bruder Wilhelm einiges von der Welt gesehen. In Breslau war er bei den Jesuiten in die Schule gegangen. In Halle hatte er ein Jahr Jura studiert, bevor ihn Napoleons Soldaten mit den anderen Studenten davonjagten. Damals unternahm der Dichter des Fernwehs auch seine einzige längere Fußwanderung in den Harz. Später, als Pensionär, fuhr er nur noch mit der Eisenbahn.

"Wem Gott will rechte Gunst erweisen,/den schickt er in die weite Welt", ließ er nur seinen Taugenichts singen. Er selbst tat lediglich seine ihm von den Eltern auferlegte Pflicht, als er die standesgemäße Bildungsreise absolvierte. Nach einem Studienjahr in Heidelberg, wo er den charismatischen Germanisten Joseph Görres kennengelernt hatte, reiste er mit seinem Bruder nach Paris und Wien und verbrachte vier Monate bei Achim von Arnim und Clemens Brentano in Berlin.

Das erste Ziel: Karriere im Staatsdienst

Als Eichendorff 1811 in Wien sein Staatsexamen ablegte, bereitete er sich auf eine Karriere im Staatsdienst vor. Seinem Abschied vom heimatlichen Lubowitz verdanken wir volkstümliche Lieder wie "O Täler weit, o Höhen". Die Stellungen jedoch, um die er sich bewarb, blieben ihm verschlossen. Also versuchte er kurz nach der Hochzeit mit Luise von Larisch sein Glück bei den Lützowschen Jägern.

Doch im Krieg verpasste Eichendorff alle Schlachten gegen Napoleon.
Als katholischer Beamter kam er im preußischen Staatsdienst auch nicht weit. Ob in Breslau, Berlin, Danzig oder Königsberg - er mochte sich einerseits nicht anpassen, konnte sich mit seinem sanften Wesen aber auch nicht durchsetzen. Mit 56 Jahren ließ er sich vorzeitig pensionieren und schrieb fortan literaturwissenschaftliche Werke.

Meister der Lautmalerei

Seinen Roman "Ahnung und Gegenwart" hatte er schon als Wiener Student verfasst, die Novelle "Das Marmorbild" erschien unmittelbar nach seiner Ernennung zum Regierungsassessor in Berlin, und "Aus dem Leben eines Taugenichts" schrieb er in Königsberg, als er sich für die Restaurierung der Marienburg einsetzte.

Eichendorff hat die Wälder seines verlorenen Kindheitsparadieses stets mehr geliebt als "der Menschen laute Lust". Er war ein Meister der Lautmalerei, aber ein Reaktionär war er nie. Er hat sich ebenso kritisch mit dem Adelsstand auseinandergesetzt wie mit den Errungenschaften der Revolutionen.

Von Claudia Schülke (epd)