Debatte um neues Renteneintrittsalter

In die 70er, in die Zukunft?

Ob Wolfgang Schäuble das gewollt hat? Seit seiner Anmerkung über eine weitere Anhebung des Renteneintrittalters zu Beginn der Woche diskutieren Vertreter aus Politik und Wirtschaft munter über die verschiedenen Möglichkeiten. Die Reaktionen reichen von "Schmarrn" bis Zustimmung.

 (DR)

NRW-Sozialminister Laumann gegen Rente mit 70
Der nordrhein-westfälische Sozialminister Karl-Josef Laumann ist gegen eine weitere Erhöhung des Renteneintrittsalters. "Ich kann mir das zurzeit überhaupt nicht vorstellen", sagte der CDU-Politiker am Freitag im WDR. Es sei gerade erst beschlossen worden, den Rentenbeginn bis zum Jahr 2023 schrittweise auf 67 Jahre zu erhöhen. Zudem gebe es "eine natürliche Grenze, bis zu der Menschen arbeiten können".

Der sozialpolitische Sprecher der CSU-Landesgruppe im Deutschen Bundestag, Max Straubinger, nannte Forderungen nach einer weiteren Reform einen "kompletten Schmarrn". "Wir sollten die Menschen nicht ständig verunsichern", forderte Straubinger. "Wir haben eine Rentenreform gemacht und die wird jetzt umgesetzt."

Auch Baden-Württembergs Ministerpräsident Günther Oettinger hat den Vorstoß von Bundesinnenminister Wolfgang Schäuble strikt abgelehnt. "Ich will uns dringend raten, jetzt nicht mit 70 oder 72 zu arbeiten, sondern die Rente mit 67 mit Leben zu erfüllen", sagte Oettinger am Donnerstagabend in der ZDF-Sendung "Maybrit Illner

Lauterbach ruft Versicherte zu mehr privater Vorsorge auf
Der Chefvolkswirt der Deutschen Bank, Norbert Walter, hat eine weitere Rentenreform bis zum Beginn der nächsten Legislaturperiode gefordert. "Wir müssen schneller vorangehen und das Rentenalter der steigenden Lebenserwartung anpassen", sagte Walter der "Passauer Neuen Presse" (Freitagausgabe). Bis zum Jahr 2020 gelte es, das Rentenalter auf 70 Jahre anzuheben. "Rente mit 67 reicht nicht aus", sagte Walter. Die Rentenreform müsse bereits zu Beginn der nächsten Legislaturperiode weiterentwickelt werden.

SPD-Gesundheitsexperte Karl Lauterbach rief indes die Versicherten zu mehr privater Vorsorge auf. "Es gibt eine regelrechte Todeszone der Rentenversicherung: Die jetzt 45- bis 55-Jährigen verzichten oft auf eine private Zusatzversicherung. Sie glauben, dass die gesetzliche Rente für sie noch reicht, um den Lebensstandard zu halten. Sie unterschätzen damit die Geschwindigkeit, mit der die gesetzliche Rente an Wert verliert." Und sie glaubten, dass es für sie schon zu spät sei, noch eine private Zusatzversicherung abzuschließen. Beides sei falsch. "Wir müssen hier bessere Aufklärung leisten", forderte Lauterbach.

Schäuble hatte mit Blick auf die steigende Lebenserwartung und demografische Entwicklung gesagt, man sei mit der Verlängerung der Lebensarbeitszeit "noch nicht am Ende".