Käßmann zu Sterbehilfe: "Menschen haben vor allem Angst vor Schmerzen"

Dignitas - "Handel mit der Angst"

Die hannoversche Landesbischöfin Margot Käßmann hat die organisierte Sterbehilfe als einen "Handel mit der Angst" von kranken Menschen bezeichnet. "Die Menschen haben vor allem Angst vor den Schmerzen", sagte die evangelische Theologin in einem Interview der "Süddeutschen Zeitung". Sie hofften dann auf einen schnellen Ausweg. "Sobald sie aber wissen, wie die Palliativmedizin diese Schmerzen ausschalten kann, und sobald sie erfahren, was in Hospizen geleistet wird, ändert sich ihre Haltung." Auch der Papst hatte am Wochenende gemahnt: "Es gäbe eine Tendenz, kranke Menschen an den Rand zu drängen."

 (DR)


Bei Anruf Gift
Die Bischöfin betonte, auch im Sterben gehe es um die Würde des Menschen. Käßmann: "Nur verändert es eine Gesellschaft, eine Kultur, wenn wir sagen: Wer erklärt, dass er nicht mehr leben will, bekommt Gift." Die umstrittene Sterbehilfeorganisation Dignitas habe schon einen 27-Jährigen akzeptiert, der sterben wollte. Sein Vater habe das schließlich verhindert. "Bei Anruf Gift - das kann nicht richtig sein", sagte Käßmann.

Wenn ein Arzt sage, "ich gebe meinem Patienten ein schmerzstillendes Mittel, auch wenn dies sein Leben verkürzt, dann halte ich das für vollkommen gerechtfertigt", fügte Käßmann hinzu. Passive Sterbehilfe sei etwas fundamental anderes, als wenn ein "quasi als Gewerbe arbeitender Verein" Gift bereitstelle. "Das ist für mich Handel mit der Angst", bekräftigte die Repräsentantin der mit rund drei Millionen Protestanten größten deutschen Landeskirche: "Wenn wir das erlauben, verändern wir unsere Gesellschaft."

Medizinischer Betreuung und menschliche Zuwendung
Der Papst äußerte sich am Samstag vor den Teilnehmern eines Kongresses über Krankenpastoral. In der heute auf Effizienz ausgerichteten Welt gebe es eine Tendenz, kranke Menschen an den Rand zu drängen, als seien sie "nur eine Belastung oder ein Problem für die Gesellschaft".

Wer ein Gespür für Menschenwürde habe, wisse, wie sehr alte Kranke in ihrer schwierigen und schmerzlichen Lage respektiert und unterstützt werden müssen, betonte der Papst. Er unterstrich die Bedeutung der Palliativmedizin zur Linderung von Schmerzen, auch wenn sie nicht heilen könne.

Neben fachgerechter medizinischer Betreuung seien aber auch menschliche Zuwendung, Verständnis, Ermutigung und Begleitung der Kranken nötig, so der Papst. Eine besondere Bedeutung komme dabei der Familie zu. Aber auch in der Klinik sei die Verbindung zu den Angehörigen eine wesentliche Unterstützung für die Alten und Kranken.