Polizei verteidigt Vorgehen - Verbot von Soft-Air-Pistolen und Gewalt-Spielen gefordert

Debatten nach geplantem Amoklauf

Nach dem geplanten Amoklauf am Georg-Büchner-Gymnasium in Köln hat die Polizei ihr Vorgehen verteidigt. Die Kölner Polizei wies Kritik an ihrer Öffentlichkeitsarbeit zurück. Am Wochenende hätten viele Gerüchte im Zusammenhang mit dem Freitod des 17-Jährigen kursiert, der mit einem 18-jährigen Mitschüler einen Amoklauf geplant haben soll, sagte der Leiter der Direktion Kriminalität der Kölner Polizei, Norbert Wagner. Dies habe viele Eltern und ihre Kinder verunsichert.

 (DR)

Außerdem seien Waffen sichergestellt worden, sagte Wagner. Gleichzeitig habe es keine Hinweise auf weitere Gefährdungen gegeben. Deshalb sei man mit den zu diesem Zeitpunkt vorliegenden Erkenntnissen an die Öffentlichkeit gegangen, um deutlich zu machen, dass unmittelbar vor dem ersten Jahrestag des Amoklaufs an einer Schule in Emsdetten am Dienstag keine Gefahr bestehe. Diese Information sei sehr wichtig für die Öffentlichkeit gewesen.

Die Polizei hatte am Sonntagabend mitgeteilt, die beiden Jugendlichen hätten für Dienstag einen Amoklauf geplant. Mitschüler seien auf der Internetseite des 17-Jährigen auf Fotos des Massakers an der Columbine-Highschool in den USA von 1999 gestoßen. Daraufhin hätten Schulleitung und Polizei mit dem Schüler gesprochen. Rund eine Stunde nach diesem Gespräch habe der 17-Jährige Selbstmord begangen, indem er sich vor eine Straßenbahn warf. Die Ermittlungen hätten die Polizei dann zu dem 18-jährigen Freund des Toten geführt. Bei Hausdurchsuchungen seien zwei Armbrüste sowie eine Todesliste mit den Namen von Schülern und Lehrern sichergestellt worden. Am Montag räumte die Polizei dann ein, weitere Ermittlungen hätten ergeben, dass die Schüler den Attentatsplan schon vor Wochen wieder aufgegeben hätten. Der 18-Jährige wurde freigelassen und in psychologische Betreuung gebracht. Wagner sagte, nach dem Gespräch mit dem 17-Jährigen habe es keine Anhaltspunkte dafür gegeben, dass dieser selbstmordgefährdet war.

Die Polizeigewerkschaften wiesen ebenfalls Kritik an der Ermittlungsarbeit zurück. "Das Verhalten der Polizei war korrekt", sagte der Chef der Gewerkschaft der Polizei (GdP), Konrad Freiberg. "Es hat am Freitag keine Hinweise auf eine Suizidgefahr des Schülers gegeben, auch nicht nach einem Gespräch der Schulleitung mit seiner Mutter", verteidigte er das Vorgehen der Polizei.

Auch Rolf Kaßauer, Berliner Landeschef des Bundes deutscher Kriminalbeamter (BdK), mochte keine Fehler erkennen. Nach seiner Ansicht hat sich die Kölner Polizei korrekt verhalten. "Natürlich stehen Ermittlungsbehörden unter starkem Druck, wenn ein Anschlag im Internet angekündigt wird. Man kann anfangs nicht wissen, ob jemand seine Pläne vielleicht schon aufgegeben hat", sagte Kaßauer.

Klaus Jansen, Vorsitzender des Bundes Deutscher Kriminalbeamter, forderte, Gymnasien auf eine erhöhte Gefahr von Amokläufen zu untersuchen. "Bei den Fällen von Schulgewalt in Deutschland stehen meistens Gymnasien in den Schlagzeilen. Es muss untersucht werden, ob hier der Leistungsdruck und die Angst, abgehängt zu werden, besonders stark sind oder es mehr als an anderen Schulformen zu Mobbing kommt", sagte Jansen. Mit Blick auf den geplanten Amoklauf in Köln konstatierte Jansen jedoch auch positive Entwicklungen. "Die Sensibilität scheint zu wachsen. Die Schüler haben verstanden, wie wichtig es ist, Sicherheitsbehörden einzuschalten. Sie achten früher darauf, ob sich was zusammenbraut."

Der Verbandschef fordert die Einrichtung einer Internetplattform, auf der Bürger Hinweise auf mögliche Gewalttaten abgeben könnten. Zudem sieht er politischen Handlungsbedarf: "Warum müssen Kinder und Jugendliche Zugang zu einer Soft-Air-Pistole oder einer Armbrust haben? Es sind auch keine gewaltverherrlichenden Videos oder Computer-Spiele erforderlich, um aus Jugendlichen Erwachsene zu machen", sagte Jansen. Hier sei die Politik gefordert, einzuschreiten "und endlich mal nicht vor wirtschaftlichen Interessen einzuknicken".

Die Landesschülervertretung (LSV) kritisierte die Vorbeugungspolitik von NRW-Schulministerin Barbara Sommer (CDU). "Die meisten Schulen sehen von Frau Sommers Vorstößen nichts", sagte LSV-Sprecher Horst Wenzel. "Die Psychologen, die eingestellt wurden, sind Sozialarbeiter an Hauptschulen, die dafür sorgen sollen, dass das Pulverfass Hauptschule nicht hochgeht", kritisierte der 18-Jährige.