Olaf Scholz soll die Nachfolge von Müntefering antreten

Ein cleverer Strippenzieher soll Arbeitsminister werden

Nach dem überraschenden Rücktritt von Franz Müntefering soll nun SPD-Fraktionsgeschäftsführer Olaf Scholz neuer Arbeitsminister in der großen Koalition werden. Der Übergang vom sozialdemokratischen Urgestein zum cleveren Strippenzieher steht für einen politischen Generationswechsel.

 (DR)


Keine Überraschung
Die Personalie Scholz kommt keineswegs völlig überraschend. Bereits während des Streits zwischen Müntefering und SPD-Chef Kurt Beck über ein längeres Arbeitslosengeld für Ältere war der 49-Jährige als möglicher Nachfolger im Arbeitsressort gehandelt worden. Der rheinland-pfälzische Ministerpräsident Beck hatte einen Weggang aus Mainz stets ausgeschlossen, da er nur als Regierungschef Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) Paroli bieten könne. Und Scholz galt schon länger als ministrabel.

Mit dem gelernten Juristen zieht ein Meister des geschliffenen Wortes ins Kabinett ein, dessen politische Karriere allerdings Anfang 2004 auf einem Tiefpunkt angelangt war. Als der damalige designierte SPD-Vorsitzende Müntefering die Demission seines bisherigen Generalsekretärs bekanntgab, war ihm dies nur ein paar dürre Worte wert. Bereits beim Bochumer Bundesparteitag der Sozialdemokraten war Scholz am 17. November 2003 haarscharf an einem Debakel vorbeigeschrammt. Nur fünf Delegierte mehr als nötig hatten ihn im Amt bestätigt.

Der Bruch in seiner bis dato steilen Parteikarriere kam dann wenige Monate später. SPD-Kanzler Gerhard Schröder, der Scholz dereinst in kleiner Runde sogar als möglichen Nachfolger gehandelt hatte, wollte ihn nicht mehr, weil er es nicht geschafft hatte, seine Reformagenda an der Parteibasis zu verkaufen. Und dass Scholz und Müntefering nicht auf eine Wellenlänge liegen, galt damals in der Hauptstadt als offenes Geheimnis. Führende Genossen kreideten Scholz auch dessen verbale Ausrutscher an. "Scholzomat" war der daraus resultierende Spitzname des "Generals".

Der politische Wiederaufstieg gelang Scholz im Untersuchungsausschuss zur Visa-Affäre. Als Obmann der SPD-Fraktion konnte er den politischen Flurschaden für die Genossen zum Ende der rot-grünen Ära gering halten. Zeitweise wurde er sogar als Nachfolger von Innenminister Otto Schily (SPD) gehandelt.

Karriere bei den Jusos
Der SPD war der 1958 in Osnabrück geborene Scholz bereits 1975 beigetreten. Wie Schröder begann auch Scholz seine Parteikarriere bei den Jusos, deren stellvertretender Bundesvorsitzender er von 1982 bis 1988 war. Parallel dazu studierte er nach dem Einser-Abitur in Hamburg Jura. Seit 1985 arbeitete Scholz als Rechtsanwalt in Hamburg mit dem Schwerpunkt Arbeitsrecht.

1994 wählten ihn die Genossen im Hamburger Stadtteil Altona zu ihrem Vorsitzenden, vier Jahre später wurde Scholz erstmals in den Bundestag gewählt. Richtig durchstarten konnte er dann, als er im April 2000 die Führung des Hamburger Landesverbands übernahm.

Vor allem aber war Scholz zur Stelle, als die Hamburger SPD im Mai 2001 einen Nachfolger für ihren gescheiterten Innensenator Hartmuth Wrocklage suchte. Scholz gab sein sicheres Bundestagsmandat auf, um mit einem repressiven Kurs in der Drogenpolitik den Hanseaten jenes Sicherheitsgefühl zu vermitteln, das sie bis dahin unter der rot-grünen Landesregierung vermisst hatten.

Die Senatswahl im Oktober desselben Jahres endete für die SPD zwar im Debakel, was Scholz' Ansehen aber keinen Abbruch tat. Im September 2002 wechselte er von der Elbe wieder an die Spree. In den vergangenen Jahren erwarb er sich als Fraktionsgeschäftsführer einen Ruf als effektiver Macher.