In einigen Bistümern gehen wieder mehr Gläubige zum Gottesdienst

Kirche im Aufwind?

Geht es mit der Kirche wieder bergauf? Jahrelang sorgten Negativmeldungen über davonlaufende Schafe, sinkende Einnahmen und sich leerende Priesterseminare für gedrückte Stimmung in der Firma Gott & Sohn. Auch die in den Feuilletons beschworene Wiederkehr der Religion schien bisher an den Großkirchen weitgehend vorbeizulaufen. Die jüngste Statistik der Deutschen Bischofskonferenz lässt erstmals einen leicht gegenläufigen Trend erkennen.

 (DR)

Mehr Besucher in sieben Bistümern
Das Zahlenwerk heißt "Eckdaten des Kirchlichen Lebens in den Bistümern Deutschlands" und wird jedes Jahr im Herbst veröffentlicht. Wie viele Katholiken in den Diözesen leben, die Zahl der Taufen, Trauungen und andere statistisch bedeutsame Ereignisse sind dort festgehalten. Bei den Gottesdienstbesuchern versteckt sich in der Aufstellung für das Jahr 2006 ein Ergebnis, das selbst Insider überrascht: In sieben Bistümern gehen offenbar wieder mehr Menschen sonntags in die Kirche.

Am interessantesten ist die Entwicklung in Eichstätt und Limburg:
Dort gab es trotz rückläufiger Katholikenzahlen etwas besser besuchte Gottesdienste. So wurden 89.000 regelmäßige Kirchgänger in Eichstätt gezählt, immerhin 2.000 mehr als im Vorjahr. Zugleich lebten aber 4.000 Katholiken weniger im Altmühlbistum. In Limburg sind die Zahlen ähnlich. Der Wendepunkt in einer jahrzehntelangen Abwärtsbewegung? Im Bundesdurchschnitt war die Quote der Gottesdienstbesucher unter den deutschen Katholiken nach dem Zweiten Weltkrieg rapide gesunken. 1950 erfüllte noch jeder Zweite seine Sonntagspflicht, heute tut das nur noch jeder Siebte.

In kirchlichen Dienststellen werden die Zahlen verhalten kommentiert. Der Eichstätter Bistumssprecher Martin Swientek will den vermeintlichen Zulauf nicht überbewerten. Dieser könne ganz unterschiedliche Gründe haben. Vielleicht war nur das Wetter an den Stichtagen besonders gut. Auffälligkeiten zeigten sich ebenfalls in Magdeburg, Mainz und Trier. Dort sank zwar die Zahl der Katholiken, nicht aber die der Kirchgänger. Die Erzdiözesen Berlin und München-Freising verbuchten mehr Mitglieder und parallel steigende Werte bei den Messbesuchern: das Münchener Erzbistum meldete ein Plus von 2.000 und das Berliner Erzbistum ein Plus von 1.000 regelmäßigen Kirchenbesuchern.

"Keine falschen Hoffnungen"
Trotzdem glaubt in den positiv aufgefallenen Diözesen kaum jemand an eine nachhaltige Verbesserung. "Es dürfen keine falschen Hoffnungen geweckt werden, denn gegen eine Wende steht die demografische Entwicklung", betont Gerhard Buballa, Experte für pastorale Planung im Bistum Limburg. Selbst ein leichtes Plus bei Wiedereintritten und Erwachsenentaufen könne den Sterbeüberhang der Katholiken nicht ausgleichen.

Auch der Freiburger Religionssoziologe Michael N. Ebertz zweifelt an der Aussagekraft des Befunds. Gezählt wird nur zweimal im Jahr. Dies sei eine sehr vage Methode und schließe Zählfehler nicht aus. Erst wenn sich über drei Jahre lang höhere Besucherzahlen in allen Diözesen zeigten und wenn die jüngeren Leute stärker vertreten wären, gäbe es einen Hinweis auf eine Trendwende.

"Noch nicht den Tiefpunkt erreicht"
An die mag der Forscher nicht glauben - im Gegenteil: "Mit 14,04 Prozent Gottesdienstteilnehmern haben wir noch nicht den Tiefpunkt erreicht." Denn viele seien ältere Menschen. Mehr Kirchgänger im Bistum Eichstätt, das könnte auch bedeuten, dass mehr Senioren ihren Wohnsitz dorthin verlegt hätten.

Das liest sich in der Studie "perpektive deutschland" anders. Bei der von der Unternehmensberatung McKinsey initiierten Online-Umfrage gaben 2005 rund 20 Prozent der Katholiken an, mindestens einmal im Monat einen Gottesdienst zu besuchen. Glaubt man McKinsey, saßen schon vor zwei Jahren spürbar mehr Jugendliche in den Kirchenbänken als in früheren Zeiten.

Von Antonia Gemein (KNA)