Die Düsseldorfer Bildhauerin Hede Bühl erhält den Käthe Kollwitz Preis

Gesichtslose Köpfe

Die Düsseldorfer Bildhauerin Hede Bühl schafft seit vier Jahrzehnten Köpfe: die kleinsten haben die Umrisse einer Faust, die größten sind monumentale, polierte Skulpturen aus Bronze, Marmor oder Eisen. Für ihr Gesamtwerk erhält Hede Bühl am Sonntag den mit 10.000 Euro dotierten Käthe Kollwitz Preis der Akademie der Künste in Berlin.

 (DR)

Die Jury würdigt mit der Auszeichnung vor allem die Eigenständigkeit der Künstlerin: "Die Bildhauerin Hede Bühl ist von einer stillen, dennoch kraftvollen Zurückgezogenheit bestimmt, ganz und gar unangepasst und sich den Moden verweigernd," heißt es in der Begründung.
Preisgeld, Ausstellung und Katalog werden von der Kreissparkasse Köln, Trägerin des Käthe Kollwitz Museums Köln, mitfinanziert.

"Ich kann nicht über meine Arbeit reden"
Hede Bühls Köpfe haben kein Gesicht. Einige verschließen sich der Welt mit Bandagen da, wo ihre Augen und ihr Mund wären. Manche dieser Bandagen schneiden in die Form ein, andere liegen flach auf. Beim ersten Betrachten sind die Skulpturen unheimlich. Sind es Köpfe verwundeter Soldaten, denen der Krieg das menschliche Antlitz geraubt hat? Sind es große Schweigende? Sind sie männlich oder weiblich? Die Künstlerin hilft nicht bei der Deutung. Sie schweigt auch. "Ich kann nicht über meine Arbeit reden," sagt die zierliche 67-jährige Frau mit den roten Haaren.
Dafür deutet der Psychoanalytiker Hartmut Kraft ihr Werk im Katalog der Ausstellung, die vom 4. November bis 16. Dezember in der Akademie der Künste am Pariser Platz in Berlin, neben dem Brandenburger Tor, zu sehen ist. Er schreibt: "Groß ist die Faszination, die von den Kopfskulpturen ausgeht. In ihrer Symmetrie und Geschlossenheit vermitteln sie dem Betrachter ein Gefühl der Ruhe, wirken in sich gekehrt, feierlich - auch magisch, wie Mahnmale oder Schicksalszeugen."

Durch Beuys zur künstlerischen Freiheit gefunden
Hede Bühl, 1940 in Haan bei Düsseldorf geboren, hat an der Kunstakademie in Düsseldorf studiert und war Meisterschülerin von Josef Beuys. Er habe ihr als Lehrer zu ihrem eigenen Stil verholfen, sagt die Künstlerin: "Durch Beuys habe ich die Freiheit gefunden, meine eigenen Formen zu schaffen." Schon als Studentin modellierte sie Köpfe. Sie hatten aber noch den Mund zum Schrei aufgerissen.

Die Bildhauerin Bühl lebt heute in einer Künstlersiedlung im Düsseldorfer Norden. In ihrem Garten steht die größte Sammlung ihrer Werke, die Köpfe aus Marmor, Eisen und Bronze und die Gestalten, die an Mumien erinnern und die sie "Die Wächter" nennt. Sie sind umgeben von Obstbäumen und einer hohen Hecke. Bühl sagt, jedes ihrer Werke inspiriere zu einem neuen. "Ich weiß gar nicht, ob ich soviel Zeit habe, alle die Formen, die schon in mir sind, noch zu erarbeiten."