Menschenrechts-Institut: EU gefährdet Leben von Bootsflüchtlingen

500 erreichten nie die Küste

Das Deutsche Institut für Menschenrechte hat der EU vorgeworfen, das Leben von Flüchtlingen auf See an den Grenzen Europas aufs Spiel zu setzen. Todesfälle seien unter anderem auf die Uneinigkeit der EU-Staaten bezüglich menschenrechtlicher Verpflichtungen und der Lastenteilung untereinander zurückzuführen. Die Forderung: Eine Verpflichtung der Staaten, Flüchtlinge erst einmal aufzunehmen und deren Asylanträge zu prüfen.

 (DR)

Die fehlende Klarheit über Zuständigkeiten beim Menschenrechts- und Flüchtlingsschutz "senkt die Bereitschaft zur Seenotrettung und zur menschenwürdigen Behandlung der betroffenen Menschen erheblich", sagte Ruth Weinzierl vom Institut am Dienstag in Berlin.

Das Menschenrechts-Institut stellte eine Studie zum Thema "Grenzschutz und Menschenrechte" vor. Aus Sicht der Wissenschaftler verbieten die Menschenrechte das Abfangen und Zurückweisen von Schiffen mit illegalen Flüchtlingen auf die Hohe See, wie es derzeit praktiziert werde. Auch das Zurückbegleiten der Schiffe in Ausgangshäfen außerhalb der EU sei nicht zulässig. Das ergebe sowohl die Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte als auch die Analyse der UN-Menschenrechtsabkommen, der Genfer Flüchtlingskonvention und der EU-Grundrechte. Die aus Seenot geretteten Menschen müssten in jedem Fall Zugang zu einem Verfahren in einem EU-Staat erhalten, unterstrich Weinzierl.

Die Autorinnen der Studie, Weinzierl und Urszula Lisson, mahnten daher konkrete EU-Regelungen an. Diese sollten die EU-Staaten verpflichten, die auf See aufgegriffenen Flüchtlinge zur Prüfung ihres Antrags auf internationalen Schutz in die EU zu verbringen. Derzeit stehe die Gesetzgebung der Europäischen Union im Widerspruch zu den EU-Grundrechten. Sie müsse daher so geändert werden, dass sie Menschenrechtsverletzungen ausdrücklich verbiete.

Das UN-Flüchtlingskommissariat schätzt, dass 2007 bisher rund 500 Flüchtlinge auf dem Weg nach Europa im Mittelmeer ertrunken sind. Viele Boote verschwinden jedoch spurlos. Auf den Kanarischen Inseln kamen in diesem Jahr rund 7.000 illegale Flüchtlinge auf dem Seeweg an, in Italien 14.000, in Malta 1.500 und in Griechenland knapp 5.000. Wegen der erschwerten Überfahrt im Herbst und Winter wird nicht damit gerechnet, dass sich diese Zahlen noch wesentlich ändern.