Steinbrück erwartet Verzögerung bei geplanter Bahn-Privatisierung

"Sargnagel" für Börsengang der Bahn?

Bundesfinanzminister Peer Steinbrück (SPD) rechnet nach dem SPD-Parteitag mit einer deutlichen Verzögerung der geplanten Bahn-Privatisierung. "Das halte ich für wahrscheinlich. Erkennbar wird die Bahn nicht so schnell kapitalmarktfähig, wie es geplant war und für die Bahn auch gut wäre", sagte er dem "Handelsblatt" (Montagausgabe). "Der Bahn-Vorstand und die Gewerkschaft dürften darin ein ernstes Problem sehen, für das es jetzt keine einfache Lösung gibt."

 (DR)

Der SPD-Parteitag hatte am Wochenende in Hamburg nach kontroverser Debatte ein Volksaktienmodell gebilligt. Danach sollen 25,1 Prozent der Aktien als stimmrechtslose Vorzugsaktien mit Dividendenprivileg ausgegeben werden. Eine endgültige Entscheidung wurde angesichts zahlreicher kritischer Stimmen aber verschoben.

Die Privatisierung der Bahn ist aus der Sicht der Unions-Fraktion mit dem Parteitagsbeschluss der SPD nur noch schwer realisierbar. "Ich halte es nicht für ausgeschlossen, dass sich die Entscheidung der Sozialdemokraten am Ende als letzter Sargnagel für den geplanten Börsengang entpuppt", sagte Unions-Fraktionsvize Hans-Peter Friedrich (CSU) dem "Handelsblatt" (Dienstagausgabe). Seine Fraktion werde intensiv prüfen, ob das Volksaktien-Modell der SPD überhaupt zustimmungsfähig sei. Für ihn sei der entscheidende Aspekt, ob sich über das SPD-Konzept nach einer Übergangszeit noch das ursprünglich angestrebte Ziel einer klaren Trennung von Netz und Betrieb erreichen lasse.

Tiefensee hält an Bahnprivatisierung fest
Bundesverkehrsminister Wolfgang Tiefensee (SPD) hält trotz der Änderungswünsche des SPD-Parteitages am Börsengang der Deutschen Bahn fest. "Ich gehe nach wie vor davon aus, dass wir Ende 2008, Anfang 2009 Aktien emittieren können", sagte Tiefensee der "Süddeutschen Zeitung" (Montagausgabe). Darüber müssten nun die Koalitionsfraktionen und der Bundesrat verhandeln. Er empfinde das Votum des SPD-Parteitages als deutliches Votum für eine Teilprivatisierung, sagte Tiefensee. Auch sei die SPD mit ihrem Beschluss nicht von der Linie der Koalition abgewichen.

Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) mahnte derweil, die Ziele der Reform nicht aus den Augen zu verlieren. Wenn die Bahn nicht mehr Kapital auf dem Markt bekommen und nicht mehr investieren könne, sei die Bahnreform gefährdet, sagte Merkel am Sonntagabend in der ZDF-Sendung "Berlin direkt". Man werde sich jetzt genau anschauen, "was mit der SPD noch zu machen ist".