Freizeitpark in Buenos Aires lässt Jesus auferstehen

Argentinisches Disneyland der Religionen

Die Zuschauer halten den Atem an; manche fallen auf die Knie und falten die Hände. Ein 18 Meter großer Jesus mit erhobenen Armen steigt aus den Hügeln empor und segnet die Menschenmenge. Die mechanische Statue wirkt so lebensnah, dass ein paar älteren Frauen Tränen vor Ergriffenheit in die Augen treten. Der Freizeitpark "Tierra Santa" (Heiliges Land) verbindet Religion und Vergnügen und bietet eine Reise durch das Jerusalem zu Zeiten Jesu Christi.

Autor/in:
Huberta von Roedern
 (DR)

Auf mehr als sieben Hektar sind die wichtigsten Stationen, aber auch Höhepunkte anderer Religionen maßstabsgetreu oder überlebensgroß dargestellt.

Statt 10.000 Kilometer bis nach Jerusalem zu fliegen, könne man alles viel einfacher und kostengünstiger direkt in der argentinischen Hauptstadt erleben, wirbt das religiöse Disneyland, das seit seiner Eröffnung 1999 bereits mehrere Millionen Menschen empfangen hat. Unter dem sternenübersäten Himmel von Bethlehem wohnt der Besucher der Geburt Jesu bei, schlendert dann weiter zum Abendmahl oder steigt auf den Golgotha-Hügel, um die Kreuzigung mitzuerleben. Auf dem Weg durch die Stadt, die aus rund 30 Gebäuden besteht, begegnet man römischen Soldaten und Sklaven, kann arabische oder armenische Speisen genießen und bei einer Laser-Show der Entstehung der Welt beiwohnen.

"Es ist sehr anrührend. Denn die Besucher können nachempfinden, wie die Menschen vor 2.000 Jahren lebten, wie sie sich anzogen, wie sie beteten", meint die Direktorin des Parks, Maria Antonia
Ferro: "Ich bin katholisch und immer wieder ganz ergriffen, wenn ich die Szenen erlebe, die so voller Spiritualität sind." Viele Besucher kämen her, um ihren Glauben zu festigen oder wiederzufinden, betont die ehemalige Sportlehrerin. Die Mischung aus Schauspielern, Technologie, Mystik, Lichteffekten und 500 wirklichkeitsnahen Figuren zieht nicht nur Familien an, sondern auch viele Priester und Ordensleute, die durch die nachgebauten Straßenzüge Jerusalems ziehen.

Allein die Krippe besteht aus 250 beweglichen Figuren. Daneben stehen in einer schummrig beleuchteten Grotte die berühmtesten Marienstatuen und Heiligen. Das diffuse Licht lässt die Plastiken noch echter wirken. In einer von Fackeln erleuchteten Höhle sind das Leben des heiligen Franz von Assisi und der Beginn des Franziskanerordens nachgestellt. Eine Synagoge, ein Tempel und eine Moschee laden zum Gebet ein. Wem dies alles zu kontemplativ ist, der geht auf den Hauptplatz und wohnt einer der täglichen Darbietungen von Musikern und Tänzern bei. Für die Kinder gibt es Marionettentheater und Zauberer.

Den Betreibern geht es nicht nur um Unterhaltung. Sie wollen Völkerverständigung und friedliches Zusammenleben vermitteln. War der Park anfangs nur dem christlichen Glauben gewidmet, so vereint er inzwischen auch viele Szenen anderer Religionen.
Hunderte Bittzettelchen stecken monatlich an der jüdischen Klagemauer, eine von Israel offiziell anerkannte Kopie. Ein Mal pro Jahr werden die Bitten nach Jerusalem geschickt, wo sie an der originalen Mauer niedergelegt werden. Das Museum der Religionen zeigt zusätzlich die Höhepunkte der drei monotheistischen Glaubensrichtungen. Figuren von Mahatma Gandhi, Martin Luther King oder Mutter Teresa von Kalkutta repräsentieren den Gedanken der Gewaltlosigkeit.

An christlichen Feiertagen ist der Park den Besucherströmen kaum gewachsen. Der Einzug der Heiligen Drei Könige oder besondere Darbietungen am Jahrestag der Jungfrau von Lujan ziehen Tausende an. Die Organisatoren planen, weitere Stationen des Lebens Jesu sowie attraktive Bastelwerkstätten für Kinder aufzubauen - um auch auf der anderen Seite der Welt das Zusammenleben von Juden, Arabern, Christen und Römern im historischen Kontext zu zeigen, religiöses Wissen zu vermitteln und für Frieden zu werben.