Elektronikhändler ändert Werbeslogan - Wandel des Zeitgeistes als Begründung

"Geiz ist geil" ist Geschichte

Der von kirchlicher Seite umstrittene Spruch gehört zu den bekanntesten Werbebotschaften der vergangenen Jahre: "Geiz ist geil!" schrie eine aggressiv klingende Frauenstimme den Verbrauchern jahrelang per Hörfunk- oder Fernsehspot ins Ohr. Das wirkte vor allem bei passionierten Schnäppchenjägern und die Jagd nach dem billigsten Angebot wurde zum Volkssport. Doch diese Zeiten sind vorbei: der Elektronikhändler Saturn will ab Mittwoch mit einem neuen Werbespruch in den harten Kampf um Käufer von Fernsehern und Fotohandys ziehen.

 (DR)

"Geiz ist geil" sei die erfolgreichste Saturn-Kampagne aller Zeiten gewesen, freute sich Roland Weise, Geschäftsführer der Media-Saturn-Holding, in der "Frankfurter Allgemeinen Sonntagszeitung". Grund für den Wechsel sei nun ein Wandel des Zeitgeistes. "Als wir die Kampagne vor fünf Jahren gestartet haben, war die deutsche Wirtschaft noch in einer völlig anderen Verfassung.
In solch schwierigen Zeiten hat der Kunde zu allererst auf den Preis geschaut", sagte Weise dem Blatt. Heute seien die Verbraucher aber
wieder ausgabefreudiger gestimmt.

Kritik von Adveniat: "Geiz ist gottlos"
Die Werbewelt zeigte sich durchaus angetan von der Hau-Drauf-Rhetorik. Mit der Geiz-Kampagne habe der Elektrogroßhändler ein Stück Werbegeschichte geschrieben, ist sich Volker Nickel, Geschäftsführer des Zentralverbandes der deutschen Werbewirtschaft, sicher. Werbung müsse Aufmerksamkeit erregen und den Nerv der Zeit treffen. Der Slogan der Elektromarktkette habe offenkundig sein Ziel erreicht. Allerdings avancierte der Spruch auch zum abschreckenden Beispiel: Politiker, Unternehmer, Ärzte, Gewerkschaften, Umweltverbände und Kirchenleute griffen den Slogan in seltener Einhelligkeit auf, um vor einer "Geiz ist geil-Mentalität" zu warnen. Das katholische Hilfswerk Adveniat startete gar eine Gegenkampagne unter dem Titel "Geiz ist gottlos", mit der ein Zeichen gegen mangelnde Solidarität und Egoismus gesetzt werden sollte.

Ein Ausdruck des Zeitgeistes
Nach Ansicht von Konsumforschern hat sich der Trend mittlerweile geändert. Die Verbraucher würden mehrheitlich wieder eher auf Qualität achten, sagt Wolfgang Twardawa, Marketingleiter der Gesellschaft für Konsumforschung (GfK). Vor vier Jahren sei der Höhepunkt des preisorientierten Einkaufs erreicht worden, seit 2005 ergäben die Umfragen des Marktforschungsinstitutes wieder einen rückläufigen Trend. "Das Preisschwert ist stumpf geworden", sagt Twardawa. Grund für den Umschwung ist allerdings nach Ansicht des Konsumforschers nicht allein die wirtschaftliche Situation. Denn vor allem die Schnäppchenjäger mit mittleren und hohem Einkommen hätten sich wieder umorientiert. Diejenigen, die aus Einkommensgründen billig kaufen müssten, würden das auch weiterhin tun. In diesem Sinne sei der Slogan vor einigen Jahren in der Tat ein Ausdruck des Zeitgeistes gewesen.

Die Änderung des Werbemottos zum jetzigen Zeitpunkt ist deshalb laut Werbeverbandschef Nickel ein Gebot der Stunde: In Zeiten, in denen das Geld wieder lockerer sitze, passe "Geiz ist geil" nicht mehr. Ob der neue Slogan "Wir lieben Technik! Wir hassen teuer!" allerdings auch einen Nerv der Zeit zu treffen vermag, bleibt abzuwarten.