Unterstützung im Bundestag für Lockerung - ZdK spricht sich gegen Schavan-Plan aus

Stammzellgesetz bleibt umstritten

Überraschend hatte sich Annette Schavan Ende vergangener Woche für eine neue Stichtagsregelung beim Stammzellgesetz ausgesprochen. Nun wurde bekannt: Die Bundesforschungsministerin erhält wohl eine breite Unterstützung aus dem Bundestag. Die Katholische Kirche lehnt den Vorschlag weiterhin ab. Der Präsident des Zentralkomitees der deutschen Katholiken (ZdK), Prof. Dr. Hans Joachim Meyer, betont, "jede embryonenverbrauchende Forschung" sei "ethisch bedenklich".

Bundesministerin Annette Schavan: Hier im domradio-Interview (DR)
Bundesministerin Annette Schavan: Hier im domradio-Interview / ( DR )

Mit Sorge nimmt der Präsident des Zentralkomitees der deutschen Katholiken (ZdK), Prof. Dr. Hans Joachim Meyer, die Absicht der Bundesforschungsministerin Dr. Annette Schavan zur Kenntnis, einen neuen Stichtag für die Einfuhr und Verwendung embryonaler Stammzellen vorzuschlagen. "Das ZdK hält jede embryonenverbrauchende Forschung für ethisch bedenklich", betonte Meyer. "Ein Stichtag in der Vergangenheit kann daher nur das Ergebnis einer ethischen Abwägung der Gründe für und gegen diese Forschung sein. Das gilt auch für die Initiative von Ministerin Schavan, welche an einer Begrenzung dieser Forschung durch einen Stichtag festhält."

Ein neuer Stichtag könne zu der Gefahr führen, dass dieser auch in Zukunft wieder verändert wird, so Meyer. Das ZdK empfehle daher, am bisherigen Stichtag festzuhalten und sich noch stärker der Förderung der ethisch unbedenklichen Forschung an adulten Stammzellen zuzuwenden. Auch Annette Schavan ist ZdK-Mitglied.

Weihbischof gegen Änderung
Auch der Augsburger Weihbischof Anton Losinger wand sich nachdrücklich gegen eine Änderung der Stichtagsregelung im Stammzellgesetz. Das führe zu einer systematischen Aushöhlung des Embryonenschutzes, sagte der Weihbischof, der Mitglied des Nationalen Ethikrates ist, gegenüber Radio Vatikan. Die Stichtagsregelung im deutschen Stammzellgesetz diene dem Schutz des Lebensrechtes menschlicher Embryonen, da sie von Deutschland aus Anreize zur Herstellung und Vernichtung embryonalen menschlichen Lebens verbiete.

Die Katholische Kirche hatte sich in der Vergangenheit immer wieder gegen eine neue Stichtagsregelung ausgesprochen.


Unterstützung im Bundestag für Lockerung des Stammzellgesetzes
Schavan erhält für ihren Vorstoß zur Lockerung des Stammzellgesetzes breite Unterstützung aus dem Bundestag. "Eine einmalige Verschiebung des Stichtags ist ein ethisch vertretbarer Kompromiss", sagte die forschungspolitische Sprecherin der Union, Ilse Aigner (CSU). Ohne neue Stammzellen könne die Wissenschaft nur schwer arbeiten. Gleichzeitig bleibe aber das Prinzip erhalten, dass von Deutschland kein Anreiz zur Tötung von Embryonen ausgehen dürfe.

Die stellvertretende Unions-Fraktionschefin Katherina Reiche (CDU) sprach von einem mutigen Vorstoß. Sie selbst könne sich sogar den völligen Verzicht auf einen Stichtag vorstellen und werbe auch in anderen Fraktionen dafür.

Der Bioethik-Experte der SPD, René Röspel, kündigte einen parteiübergreifenden Gruppenantrag an, der eine Verschiebung des Stichtages auf den 1. Mai 2007 vorsieht. "Die Wissenschaft kann damit unter Beweis stellen, wie hoffnungsvoll ihre Forschungsansätze tatsächlich sind", sagte Röspel dem Blatt. Bisher dürfen Forscher nur mit menschlichen embryonalen Stammzellen arbeiten, die vor dem 1. Januar 2002 im Ausland gewonnen wurden.

Er hoffe, dass Schavan genügend Abgeordnete der Union dafür mobilisieren könne, sagte Röspel. Eine Mehrheit in der SPD-Fraktion stehe hinter dem Papier. Sollte der Stichtag auf Frühjahr 2007 verschoben werden, würde dies nach Informationen der Zeitung dazu führen, dass den deutschen Forschern bis zu 500 neue Stammzelllinien aus aller Welt zur Verfügung stehen. Bislang arbeiten Forscher in Deutschland nur an zwei Dutzend Stammzellprojekten.

In der Union gibt es allerdings noch eine beträchtliche Anzahl von Abgeordneten mit Bedenken. "Eine Verschiebung des Stichtages käme einem ethischen Dammbruch gleich", sagte die CDU-Bioethikexpertin Julia Klöckner dem Blatt. Die Politik dürfe sich nicht zum Erfüllungsgehilfen der Reproduktionsmediziner machen. Klöckner führt der Zeitung zufolge eine Gruppe von Unions-Abgeordneten an, die eine Änderung am Gesetz strikt ablehnt.