Polnische Zeitungen begrüßen den Wahlsieg von Tusk - Kaczynskis "schmerzhafter Abschied von der Macht"

Die Schäden reparieren

Der Wahlsieg der liberalen Bürgerplattform (PO) in Polen weckt nach Ansicht der meisten Zeitungen des Landes Hoffnung für die Zukunft. Die PO von Donald Tusk hatte bei den vorgezogenen Parlamentswahlen am Sonntag knapp 42 Prozent der Stimmen geholt und die bisherige Regierungspartei "Recht und Gerechtigkeit" (PiS) von Ministerpräsident Jaroslaw Kaczynski überraschend deutlich um etwa zehn Prozentpunkte überflügelt. Nach Angaben der liberalen "Gazeta Wyborcza" schließt die PO eine Koalition mit der PiS aus. Stattdessen solle es Gespräche mit der Bauernpartei PSL geben.

 (DR)

Die "Gazeta Wyborcza" schreibt: "Kaczynski hat verloren. Die Gesellschaft sagte: Genug. Es gewann Polen, es gewann die Demokratie." Die Wähler hätten dem Populismus der PiS, dem nationalen Größenwahn und antideutschen Ängsten eine Abfuhr erteilt. Dieser Sieg sei zugleich eine große Verpflichtung für die Bürgerplattform. Notwendig sei jetzt eine Anstrengung aller demokratischen Kräfte, um die Position Polens in Europa wieder aufzubauen.

Premier Kaczynski erwarte ein schmerzhafter Abschied von der Macht. Mit Hilfe seines Bruders, dem Präsidenten Lech Kaczynski, wird er nach Ansicht des Blatts versuchen, die Aktivitäten der neuen Regierung zu hintertreiben. Um ein destruktives Veto des Präsidenten zu durchbrechen, sollte eine große parlamentarische Koalition aller Parteien mit Ausnahme der PiS entstehen.

Tusk habe ein sehr starkes Mandat für die Regierung und für Veränderungen im Land erhalten, schreibt die "Rzeczpospolita". Aber der Augenblick der Wahrheit stehe noch bevor. Die Zeit, in der die Bürgerplattform deshalb die Unterstützung der Wähler erhielt, weil sie gegen die PiS war, sei vorbei. Die liberale Partei habe die Chance, die wirtschaftliche Freiheit in Polen zu erweitern. Als eines der besten Ergebnisse der Wahl bezeichnete das Blatt den Fakt, dass die populistischen Parteien - die bis vor kurzem ein Bündnis mit der PiS eingegangen waren - endgültig verschwunden seien.

Die Zeitung "Dziennik" verweist darauf, dass es sich nach Einschätzung aller Politiker von Links bis Rechts um die wichtigste Wahl seit 1989 handelte. Damals war das erste halbwegs freie polnische Parlament gewählt worden. Die hohe Wahlbeteiligung zeuge von der großen Mobilisierung der Polen. Den auf die permanente Entfachung von Konflikten angelegten Regierungsstil Kaczynskis habe die Mehrheit der Wähler abgelehnt. Die Wirtschaftszeitung "Puls Biznesu" widmete die gesamte erste Seite den zwei Worten: "Polska liberalna".

Die katholisch-national orientierte Zeitung "Nasz Dziennik" bedauerte dagegen, dass die Parteien des bisherigen Parlaments keine stabile Regierungskoalition zustande brachten. Das Blatt spekulierte, dass die nächsten Zerwürfnisse auf der politischen Bühne schon im kommenden Jahr zu Neuwahlen führen könnten.

"Wir haben die Ehre gerettet", sagte hingegen der Solidarnosc-Gründer und frühere Staatspräsident Lech Walesa im polnischen Infosender "Radio TOK FM". Jetzt müssten "die Schäden repariert" werden. Alle Parteien einschließlich der Postkommunisten sollten sich zusammensetzen und die Fehler aus der Regierungszeit Kaczynskis in Ordnung bringen.