Theologe Kuschel zu Hubers Moscheenkritik im domradio

"Kleinkariertes Reagieren"

Die Äußerungen des evangelischen Bischofs Wolfgang Huber zum Moscheebau in Deutschland haben eine kontroverse Debatte ausgelöst. Der Zentralrat der Muslime in Deutschland übte am Mittwoch heftige Kritik am Vorstoß des Ratsvorsitzenden der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD). Zustimmend äußerte sich hingegen der Berliner Kardinal Georg Sterzinsky. Rückendeckung kam auch von Vertretern aus Politik und Gesellschaft. Prof. Karl-Josef Kuschel vom Institut für Ökumenische Forschung der Uni Tübingen kritisiert im domradio-Interview Hubers Äußerungen als "kleinkariertes tagesaktuelles Reagieren".

 (DR)

"Ängstliche Abgrenzungsversuche" nennt Kuschel Hubers häufige Verlautbarungen zum Islam. Huber müsse seine Vorwürfe auch belegen.  Für eine lebendige Ökumene erwarte er von der Evangelischen Kirche in Deutschland statt "thelogischem Minimalismus" eher einen "großen Wurf", wie es ihn auch zur Verbesserung des Verhältnisses zum Judentum gegeben habe. Kuschel bezog sich mit seiner Kritik auch auf die Handreichung "Klarheit und gute Nachbarschaft" der EKD, welche seit Monaten für Diskussionen sorgt.

Huber hatte am Montag das Recht der Muslime auf Moscheebauten bekräftigt, zugleich aber die Frage aufgeworfen, inwiefern bei einigen Bauprojekten Machtansprüche zum Ausdruck kämen.

Im Nachrichtensender N24 warf der Vorsitzende des Zentralrats der Muslime in Deutschland, Ayyub Axel Köhler, dem EKD-Ratsvorsitzenden vor, "den schwelenden Konflikt der Muslime mit der evangelischen Amtskirche wieder neu entfacht" zu haben.
Es gehe den Muslimen nicht um Macht, sondern um Moscheen, "in denen sie ihre Religion ausüben können, und das in aller Öffentlichkeit und in einer würdigen Form", so der Zentralrats-Vorsitzende.

Ebenfalls in N24 verteidigte der katholische Berliner Erzbischof Sterzinsky die Position Hubers. Die Frage, ob hinter dem Moscheebau ein politischer Machtanspruch stehe, müsse erlaubt sein, sagte er. Allerdings könnten repräsentative islamische Gotteshäuser im Gegensatz zu Hinterhofmoscheen auch ein Zeichen für Integration sein. CDU-Generalsekretär Ronald Pofalla nannte im selben Sender die Äußerungen Hubers "absolut richtig". Muslime, die in Deutschland den Bau neuer Moscheen vorantreiben, sollten sich auch in muslimischen Ländern für die Religionsfreiheit einsetzen.

Der Kölner Schriftsteller Günter Wallraff und der Präsident der Berliner Akademie der Künste, Klaus Staeck, warnten unterdessen vor falscher Toleranz gegenüber dem Islam. Nach Wallraffs Einschätzung gibt es derzeit in Deutschland eine Reihe von Neubauten "übermächtiger Monumentalmoscheen". Sie entsprächen nicht den Bedürfnissen der Gläubigen, die diese Gebetsstätten besuchen wollten. Das Geld für diese Bauten komme aus der Türkei, dem Iran oder Saudi-Arabien.

Akademie-Präsident Staeck betonte, er habe nichts gegen Moscheebauten in Deutschland. Wenn dann jedoch der Muezzin rufe, "da ist bei mir Schluss", meinte er, "da würde ich wie auch immer zurückrufen". Die Gesellschaft solle nicht alles aufs Spiel setzen, was sie sich über Jahrhunderte erkämpft habe.