Ökumene-Experte Perisset zum Nachfolger von Erzbischof Erwin Ender ernannt

Neuer Vatikan-Botschafter für Deutschland

Jean-Claude Perisset (68), Vatikan-Diplomat aus der Schweiz und bislang Nuntius in Rumänien, wird neuer Vatikan-Botschafter für Deutschland.
Der Vorsitzende der Deutschen Bischofskonferenz, Karl Kardinal Lehmann, hat Erzbischof Dr. Jean-Claude Périsset im Namen der deutschen Bischöfe zu seiner Ernennung zum neuen Apostolischen Nuntius in Deutschland gratuliert.

 (DR)

Ein Vatikan-Diplomat aus der Schweiz vertritt künftig den Papst als Botschafter in Deutschland. Erzbischof Jean-Claude Perisset (68), seit über 35 Jahren im Dienst des Heiligen Stuhls tätig, wechselt von der "kleinen" Nuntiatur in Rumänien an die "große"
Papst-Botschaft in Berlin. Außer Erfahrungen in der Diplomatie bringt er auch besondere Kenntnisse in der Ökumene mit: Zwei Jahre lang war Perisset Sekretär und damit "zweiter Mann" im Einheitsrat, dem vatikanischen "Ökumene-Ministerium".

Mit der Berufung Perissets ist der Vatikan wieder zur ungeschriebenen Regel zurückgekehrt, dass ein Vatikan-Diplomat nicht Nuntius im eigenen Heimatland werden soll. Die Nominierung des aus der Grafschaft Glatz stammenden und im Münsterland aufgewachsenen Vorgängers Erwin Ender war eine Ausnahme - wie es sie freilich auch anderenorts im ältesten Gesandtschaftswesen der Welt gibt, etwa in Polen. Denn der Botschafter des Papstes soll die Verhältnisse in seinem Wirkungsgebiet zwar gut kennen und möglichst dessen Sprache verstehen oder beherrschen. Aber zugleich erfordert sein Dienst für den Heiligen Stuhl Unabhängigkeit gegenüber Strukturen und Personen in Staat und Kirche des Gastlandes. Und die unterstellt man einem Fremden noch konsequenter als einem Landsmann.

Schwieriger ist das Problem der Sprache des Gastlandes, die ein Nuntius verstehen und möglichst auch sprechen soll. Alle Vatikan-Diplomaten beherrschen außer dem Italienischen auch Englisch, Französisch und Spanisch - die wenigsten jedoch Deutsch. Somit ist der Kreis der Nuntien, die für einen Einsatz in Deutschland in Frage kommen, sehr überschaubar. Und unter den drei Schweizern in Päpstlichen Diensten sowie den Osteuropäern mit Deutschkenntnissen schien Perisset offenbar die erste Wahl.

Geboren am 13. April 1939 in Estavayer le Lac in der Diözese Lausanne-Genf-Freiburg, studierte er nach der Schulzeit in seinem Heimatort und am College "St. Michel" in Freiburg/Schweiz in Sarnen und anschließend am Diözesanseminar in Freiburg. 1964 wurde Perisset in Freiburg zum Priester geweiht. Danach wurde er Kaplan an Notre Dame de Geneve (1964-1969), bevor er 1970 an die Kurie in Rom kam, zunächst für je ein Jahr in die Klerus- und die Bischofskongregation. 1973 promovierte er in Kirchenrecht an der Päpstlichen Gregoriana-Universität in Rom.

Von 1971 bis 1973 absolvierte Perisset die Päpstliche Diplomaten-Akademie. Auf Auslandposten war er anschließend im Südlichen Afrika (1973-1976), Peru (1976-1980), Frankreich (1980-1983), Pakistan (1983-1984) und Japan (1984-1986). Danach kehrte er in die römische Zentrale zurück.

1996 wurde Perisset Bischof und verließ für zwei Jahre den diplomatischen Dienst. Als beigeordneter Sekretär unterstützte er den mächtigen Bischof Pierre Duprey, der zusammen mit dem niederländischen Kardinal Johannes Willebrands und dann dem Australier Kardinal Edward Cassidy mehrere Jahrzehnte lang den vom Konzil eingeschlagenen Weg der Ökumene umsetzte. Nach zwei Jahren aber kehrte Perisset zur Diplomatie zurück und wurde Nuntius in Bukarest - im Rang eines Erzbischofs. Zu seiner ersten Aufgabe zählte dort 1999 die Vorbereitung der historischen Papstreise nach Rumänien, der ersten in ein mehrheitlich orthodoxes Land.

Nun ist der erfahrene und im Vatikan hoch geschätzte Diplomat an eine "große" Nuntiatur versetzt worden. Seine lange Ökumene-Erfahrung dürfte dem Diplomaten in einer von
Profilierungs- und Abgrenzungstendenzen geprägten Phase der konfessionellen Beziehungen in Deutschland ebenso zugute kommen wie seine Schweizer Biografie. Denn die Lebenswirklichkeit einer Rom gegenüber mitunter kritisch denkenden Ortskirche kennt er bereits aus der Heimat. Nicht nur deshalb wird Papst Benedikt XVI. die Arbeit seines neuen Nuntius in Deutschland ganz besonders im Blick haben.

„Doyen" des Diplomatischen Korps
Als Apostolischer Nuntius wird der päpstliche Gesandte bezeichnet, der den Heiligen Stuhl bei der Regierung eines Landes als Botschafter vertritt. Zugleich gewährleistet er als Vertreter des Papstes gegenüber den jeweiligen Ortskirchen das Einvernehmen zwischen der Teilkirche und der Gesamtkirche. In vielen Staaten ist der Vertreter des Vatikans „Doyen" (Ältester) des Diplomatischen Korps und hat als solcher einige Ehrenrechte. Dies gilt auch für Deutschland.