Katholisch-orthodoxer Kongress: Besorgen nach Absage aus Moskau

"Autoritarismus" und "imperialistische Mentalität"

Eigentlich kamen sie zusammen um den ökumenischen Dialog ein Stück weiter zu bringen. Doch nun werden beim Theologen-Treffen im italienischen Ravenna heftige Auseinandersetzungen zwischen Vertretern der katholischen und der orthodoxen Kirche befürchtet. Der Grund: die Absage der Delegation aus Moskau.

 (DR)

Russische Synode berät über Konflikt in Ravenna
Der Heilige Synod der russisch-orthodoxen Kirche ist am Freitag zu einer Sitzung zusammengetreten, um über innerorthodoxe Streitfragen und den theologischen Dialog mit dem Vatikan zu beraten. Das berichtete der Wiener russisch-orthodoxe Bischof Hilarion auf Anfrage der österreichischen Nachrichtenagentur "Kathpress". Der Synod werde sich in den nächsten Tagen mit einer Erklärung zu den beiden Themen äußern.

Hintergrund der Beratungen ist das jüngste Scheitern bei der Suche nach einer gemeinsamen orthodoxen Stimme im ökumenischen Dialog mit der katholischen Kirche. Bei der 10. Vollversammlung der Internationalen Theologischen Kommission für den Dialog zwischen katholischer und orthodoxer Kirche, die diese Woche in Ravenna stattfindet, waren erneut große innerorthodoxe Meinungsverschiedenheiten zu Tage getreten.

Streit um Estland
Am Dienstag verließen die beiden Delegierten des Moskauer Patriarchats, Bischof Hilarion und Erzpriester Igor Wyschanow aus Moskau, den Sitzungstisch vorzeitig. Sie reagierten damit auf die Weigerung der anderen orthodoxen Delegationen, auf ihre Forderungen einzugehen. Konkret hatten Hilarion und Wyschanow den Ausschluss der estnischen apostolischen Kirche von den Beratungen in Ravenna gefordert. Diese wird von Moskau nicht anerkannt.

Seit 1996 bestehen nebeneinander eine dem Ökumenischen Patriarchat von Konstantinopel unterstehende estnisch-apostolische Metropolie und eine zu Moskau gehörende Metropolie von Tallinn. Der Moskauer Patriarch Alexij II. ist selbst gebürtiger Este und war von 1961 bis 1986 Metropolit von Tallinn und Estland.

Die übrigen orthodoxen Delegierten stellten sich in dem internen Streit in Ravenna hinter den Vertreter des Ökumenischen Patriarchats, Metropolit Ioannis Zizioulas, und setzten die Beratungen fort. Beobachter fragen sich nun, welche Auswirkungen das Fernbleiben Moskaus als der zahlenmäßig größten orthodoxen Kirche vom Dialog mit Rom für die Beratungen hat, bei denen das Kirchenverständnis im Mittelpunkt steht.

Besorgnis in Rom und Konstantinopel
Der Heilige Stuhl reagierte besorgt auf die Absage: "Es ist zu hoffen, dass solche innerorthodoxen Schwierigkeiten nicht den offiziellen Dialog zwischen der Orthodoxie und der katholischen Kirche beeinträchtigen und dass sie bald gelöst werden können", betonte Vatikansprecher Federico Lombardi gegenüber Radio Vatikan.

Das orthodoxe Patriarchat von Konstantinopel, das als Ehrenoberhaupt der weltweiten Orthodoxie gilt, reagierte empört auf den Rückzug der Moskauer Delegation. Es warf Moskau "Autoritarismus" und "imperialistische Mentalität" vor.

Aus Sicht des Istanbuler Patriarchats ist die "Estnische Apostolische Kirche" eine "unabhängige orthodoxe Kirche". Moskau habe sie sich als Erzdiözese einverleiben wollen. Doch Zar Peter I. habe bereits im 18.
Jahrhundert die Verbindung zwischen den Kirchen gelöst, betonte das Ökumenische Patriarchat in Istanbul.