Gewerkschaft: Deutschland droht Ärztemangel

Sie fliehen und fehlen

Das deutsche Gesundheitswesen - der Blick auf aktuelle Zahlen zeigt ein kränkelndes System. Die wirtschaftliche Lage der Krankenhäuser wird einer neuen Studie zufolge zunehmend schlechter. Und nun droht auch noch bei gleichzeitiger Ärzteflucht ins Ausland ein Ärztemangel in Deutschland.

 (DR)

Zahl der deutschen Ärzte im Ausland auf 16 000 gestiegen
Deutsche Ärzte zieht es immer stärker ins Ausland. Die Zahl der Mediziner, die außerhalb Deutschlands praktizieren, hat in den vergangenen drei Jahren um gut ein Viertel zugenommen. Das berichtet die "Bild"-Zeitung (Dienstagausgabe) unter Berufung auf bisher unveröffentlichte Zahlen der Bundesärztekammer und der Kassenärztlichen Bundesvereinigung. Danach arbeiten derzeit rund 16 000 deutsche Mediziner im Ausland. Das sind 3500 mehr als 2004. Besonders beliebt bei den Ärzten sind Stellen in Großbritannien, in der Schweiz und in den USA.

Der Vorsitzende der KBV, Andreas Köhler, begründete den zunehmenden Wechsel der Mediziner ins Ausland laut dem Bericht mit den schlechter gewordenen Rahmenbedingungen für Ärzte in Deutschland.

Ärztegewerkschaft sieht dramatischen Ärztemangel in zehn Jahren
Der Vorsitzende der Ärztegewerkschaft Marburger Bund, Frank Ulrich Montgomery, warnte bereits am Wochenende vor einem Ärztemangel in Westdeutschland. "Ohne ein Gegensteuern werden wir spätestens in zehn Jahren einen ähnlich dramatischen Mangel an Medizinern im Westen haben vor allem bei Hausärzten, in geringerem Maße auch bei Fachärzten" wie in Ostdeutschland, sagte Montgomery laut einem Vorabbericht der "Passauer Neuen Presse" (Montagausgabe). Als Grund für seine Erwartung nannte er die Abwanderung ins Ausland. Junge Mediziner stellten heute bereits zu Beginn ihrer Weiterbildung fest, dass die Arbeitsbedingungen in vielen anderen Ländern deutlich besser seien als in Deutschland, warnte Montgomery.

Bundesgesundheitsministerin Ulla Schmidt (SPD) hielt er vor, ärztliche Aufgaben immer mehr auf andere Berufsgruppen zu verlagern. Notwendig wären aber bessere Arbeitsbedingungen für Ärzte und eine Stärkung der Berufszufriedenheit, verlangte er.

Zuvor hatte bereits das Nachrichtenmagazin "Focus" einen Mangel an Ärzten auch in ländlichen Regionen Westdeutschlands prognostiziert. Unter Berufung auf noch unveröffentlichte Zahlen von Kassenärztlicher Bundesvereinigung (KBV) und Bundesärztekammer berichtet das Blatt, dass schon jetzt in einzelnen westlichen Regionen - etwa in Niedersachsen, Westfalen oder Oberfranken - Landärzte fehlten. Zudem stünden Engpässe bei Augenärzten, Gynäkologen, Dermatologen und Nervenärzten bevor.