Das Regime in Birma terrorisiert auch die Minderheiten

Niedergebrannte Dörfer und Massenflucht

Die Krise in Birma (Myanmar) ist nicht nur ein Konflikt zwischen Militärs und buddhistischen Mönchen, zwischen Machthabern und Demokratiebewegung. Und er ist nicht auf Rangun und andere große Städte begrenzt. Im Vielvölkerstaat Birma werden auch die ethnischen Minderheiten von der Militärjunta brutal unterdrückt.

 (DR)

Jeder Dritte gehört einer Minderheit an
Von den 50 Millionen Einwohnern ist jeder Dritte Angehörige einer Minderheit, sagt Ulrich Delius von der Göttinger Gesellschaft für bedrohte Völker. In den an Thailand grenzenden Bergen leben Schätzungen zufolge dreieinhalb bis sieben Millionen christliche Karen, zwei Millionen Mon und rund fünf Millionen Shan. Wie verlässlich die Zahlen sind, ist unklar. Die letzte Volkszählung gab es vor 70 Jahren. In anderen Regionen gibt es die muslimischen Rohingya, die Kachin, Karenni und viele kleinere Völker.

Die vor der Unabhängigkeit im Jahr 1948 versprochene föderale Staatsverfassung und Minderheitenrechte wurden nie gewährt, kritisiert Delius. Deshalb kämpfen die Völker zum Teil mit Waffen um mehr Selbstbestimmung und Autonomie. Zwar gelang es dem Militärregime, Mitte der 90er Jahre mit 17 Gruppen Waffenstillstandsverträge zu schließen. Aber andere Untergrundarmeen kämpfen weiter. Am stärksten sind die Widerstandsbewegungen "Karen National Union" und "Shan State Army".

Die Shan herrschten einst selbst über das Land, bis sie Ende des 16. Jahrhunderts von den Birmanen unterworfen wurden. Zur Demokratiebewegung beziehen die Nationalitäten nicht eindeutig Stellung. Einerseits unterstützen viele Völker den Kampf gegen die Junta. So kam es in den vergangenen Wochen auch in den Gebieten der Karen, Kachin und Rohingya zu Protesten gegen die Militärregierung.

Andererseits warnen die Minderheiten davor, dass ein Sturz des Militärs ihre Probleme noch nicht löst. Sie verlangen von der politischen Opposition deshalb ein Bekenntnis zu mehr Autonomie für die einzelnen Volksgruppen.

Seit Jahrzehnten extreme Härte gegen Aufständische
Die Militärs seit Jahrzehnten mit extremer Härte gegen Aufständische und vermeintliche Sympathisanten unter den Minderheiten vor. "Die Regierungsarmee marschiert in Dörfer ein und brennt sie nieder", berichtet Benno Röggla vom Verein "Helfen ohne Grenzen". "Die Soldaten vergewaltigen Frauen und Kinder, erschießen vermeintliche Kollaborateure und entführen Menschen, die dann Zwangsarbeit leisten müssen oder als lebende Minendetektoren durch den Dschungel marschieren."

Das Hilfswerk, das in Thailand Flüchtlinge aus Birma betreut, weiß "von vielen Tausenden Kindersoldaten  manche von ihnen sitzen bei uns in den Klassenzimmern". Viele Minderheitengebiete gelten als sogenannte "Free Fire Zones", in denen Soldaten ungestraft Zivilisten erschießen, foltern oder vergewaltigen dürften, sagt Röggla.

Mehr als eine Million Flüchtlinge
Menschenrechtsgruppen der Karen haben Hunderte Fälle von Vergewaltigungen von Karen-Frauen durch birmanische Soldaten dokumentiert. Im Gebiet der Karen soll ein Staudamm gebaut werden - auch die Umsiedlung wird mit Gewalt durchgesetzt. Die Folge ist eine Massenflucht. Schon 1991 brachten sich 250.000 Rohingya vor einer Welle der Repression in Sicherheit.

In den vergangenen zehn Jahren flohen insgesamt mehr als eine Million Menschen oder wurden vertrieben. Die meisten Flüchtlinge hausen in Camps irgendwo in Birma selbst, Hunderttausende flohen über die Grenzen nach Thailand und Bangladesch.

Von Reimar Paul (epd)