Parteienforscher sieht Müntefering im Hintertreffen

"Verletzungen nicht überwunden".

Im SPD-internen Streit um Korrekturen an der "Agenda 2010" sieht der Parteienforscher Franz Walter von der Universität Göttingen Parteichef Kurt Beck vorn. "Beck hat vor allem jene Landesverbände hinter sich, die Wahlkämpfe führen", sagte Walter der "Neuen Presse" (Montagausgabe) aus Hannover. Er fügte hinzu: "Die Landtagswahlkämpfer der SPD werden nicht den Kopf auf den Marktplätzen für etwas hinhalten, das Stimmen kostet."

 (DR)

Walter bescheinigt Beck Handlungsfähigkeit. "Wenn eine Partei innerhalb von wenigen Jahren die Mitglieder in der Größenordnung von etwa drei Großstädten verliert, dann macht es keinen Sinn, an einem Dogma festzuhalten. Da muss man als Parteivorsitzender handeln." Dies sei auch die einzige Chance, die der angeschlagende Parteichef habe.

Als "befremdlich" bezeichnete Walter die Haltung von Arbeitsminister Franz Müntefering (SPD). "Früher pochte Müntefering immer auf die Disziplin, auf den Primat der Partei. Jetzt hat er in seinem eigenen Ministerium ein Gegenzentrum aufgebaut, das Tag für Tag irgendwelche Despektierlichkeiten über die SPD an die Öffentlichkeit weiterleitet." Nach Ansicht Walters hat der Vizekanzler die "Verletzungen des Jahres 2005, als er vom Parteivorsitz zurückgetreten ist, nicht überwunden".