Grün: Der theologische Star der Buchmesse

"Ich bin kein Besserwisser"

Er ist ohne Frage der meist beachtete religiöse Schriftsteller dieser Frankfurter Buchmesse. Als Benediktinerpater Anselm Grün sein in den Bestsellerlisten gut platziertes "Buch der Antworten" präsentiert, ist der Stand des Herder-Verlags von Zuhörern umlagert.

 (DR)

"Die hohe Kunst des Älterwerdens"
Großes Interesse auch an einem weiteren Werk, das gerade im klostereigenen Vier-Türme-Verlag erschienen ist und auf der weltgrößten Bücherschau vorgestellt wurde. Mit "Die hohe Kunst des Älterwerdens" beweist der Benediktinermönch der Abtei Münsterschwarzach erneut einen Riecher für gesellschaftlich relevante Themen. "Wir brauchen ein neues Gespür für die Weisheit und für den Sinn des Alters", rät der eher zierlich wirkende Ordensmann mit dem langen grauen Bart und der schwarzen Kutte.

Menschen müssten ihr Altwerden bewusst gestalten: Zur Kunst des Altwerdens gehören für ihn die Schritte des Annehmens, des Loslassens und des über sich Hinausgehens, um das eigene Leben abzurunden.

Vielschreiber vor dem Herrn
Der 62-Jährige ist ein Vielschreiber vor dem Herrn. Und ein
disziplinierter: Drei mal zwei Stunden pro Woche widme er sich seinen Büchern, erzählen seine Mitarbeiter aus dem Verlag. So viel Raum lassen die Anforderungen des Klosters und der strenge Rhythmus des benediktinischen Ordenslebens. 1976 veröffentlichte Grün sein erstes Buch "Reinheit des Herzens". Seitdem sind 300 weitere dazugekommen, die weltweit in einer Auflage von über 14 Millionen Exemplaren verbreitet sind. Gerade in den vergangenen fünf Jahren sind die Auflagen drastisch gestiegen: "Als Ordensmann genieße ich wieder einen gewissen Vertrauensvorschuss", sagt Grün und lacht. "Das war eine Zeit lang anders."

"Macher hinter Mauern" titelte der "Spiegel", und die "Frankfurter Allgemeine Zeitung" bezeichnete den für die wirtschaftlichen Dinge seines Klosters zuständigen Cellerar als "Manager mit Mönchsherz". Die "Bild"-Zeitung verlangte gar: "Pater Anselm, zeigen Sie uns den Weg zum Glück!" Offenbar trifft der Ordensmann, der mit 19 Jahren nach dem Abitur in die Benediktinerabtei Münsterschwarzach eintrat, einen Nerv der Zeit.

Da ist zunächst die einfache, aber nicht banale Sprache: "Ich glaube, was die Menschen berührt, ist, dass da jemand nicht von oben herab, von der Kanzel spricht", analysiert er. "Ich will kein Besserwisser sein."

Studierter Betriebswirt und Theologe
Da ist auch die Erdung zu den Menschen und ihrem Alltag: Als studierter Betriebswirt und Theologe leitet er die wirtschaftlichen Geschicke des Klosters mit rund 300 Mitarbeitern in 20 verschiedenen Betrieben und trägt damit quasi Personalverantwortung für ein mittelständisches Unternehmen. Auch der enge Kontakt zu seinen Zuhörern in den meist ausverkauften Vorträgen und Manager-Seminaren zwinge ihn, seine Aussagen "auf die Realität hin zu überprüfen", resümiert der Pater.

Wichtiger noch ist ihm aber die theologische Perspektive: "Wenn ich schreibe, dann schreibe ich für Fragen stellende Menschen und richte mich nicht nach abstrakten Denkgebäuden", berichtete er auf der Buchmesse. "Ich will den Menschen nichts vormachen." Dazu gehört auch eine gewisse Portion Ehrlichkeit: "Ich kann nicht sagen, warum Gott Leid zulässt", räumt er ein. "Ich kann nur nach Antworten dafür suchen, wie Menschen mit dem Leid umgehen und trotzdem weiterleben können."

Von KNA-Redakteur Christoph Arens