Menschenrechtsrat will Niederschlagung der Proteste untersuchen

Mönche fliehen aus Rangun

Nach der gewaltsamen Niederschlagung friedlicher Proteste in Birma hat eine Verhaftungswelle in dem Land eingesetzt. Am Mittwoch versuchten viele buddhistische Mönche die frühere Hauptstadt Rangun zu verlassen. Hunderte Mönche wurden laut Medienberichten bereits festgenommen. Entlassende Mönche berichteten über Demütigungen in Haft. Die Vereinten Nationen hatten sich in den vergangenen Tagen um Vermittlung zwischen der Militärregierung und der Opposition bemüht.

 (DR)

Weitere Festnahmen
Viele Mönche hätten sich am Bahnhof von Rangun und an Busstationen eingefunden, kämen aber nicht aus der Stadt heraus, berichtete BBC unter Berufung auf Augenzeugen. In der Nacht zum Mittwoch habe es weitere Festnahmen gegeben. In der Straßen der Millionenstadt patrouillierten Militärfahrzeuge. Nach Informationen des britischen Senders sollen die festgenommenen Mönche in Gefängnisse im Norden Birmas gebracht werden.

Die buddhistischen Mönche, die im Land hohes Ansehen genießen, hatten die Demonstrationen gegen die Militärregierung angeführt, die nach einer drastischen Benzinpreiserhöhung Mitte August aufgeflammt waren. Nach offiziellen Angaben wurden bei der Niederschlagung der Proteste in der vergangene Woche zehn Menschen getötet. Diplomaten und Menschenrechtler gehen indes von einer weit höheren Zahl von Toten aus.

UN fordert weitere Untersuchungen
Der UN-Sondergesandte Ibrahim Gambari war am Dienstag laut BBC am Regierungssitz Naypyidaw mit dem Militärmachthaber General Than Shwe zusammengetroffen. Anschließend kam der UN-Diplomat zum zweiten Mal mit der Oppositionsführerin Aung San Suu Kyi zusammen. Einzelheiten der Gespräche wurden nicht bekannt.

Gambari, der von Birma nach Singapur weiterreiste, will dem Bericht zufolge am Donnerstag UN-Generalsekretär Ban Ki Moon über seine Gespräche informieren und voraussichtlich am Freitag dem UN-Sicherheitsrat Bericht erstatten.

Der UN-Menschenrechtsrat forderte während einer Sondersitzung am Dienstag in Genf, die birmanische Militärregierung müsse den UN-Sonderberichterstatter Paulo Sérgio Pinheiro einreisen lassen, der die Vorgänge untersuchen soll. Außerdem verlangte das UN-Gremium die Freilassung politischer Gefangener in Birma. Die Militärmachthaber müssten auch die unter Hausarrest stehende Friedensnobelpreisträgerin Aung San Suu Kyi auf freien Fuß setzen.

Weitere Verhaftungen in Birma
Wie die birmanischen Exilmedien "Mizziam News" und "The Irrawaddy" am Mittwoch berichteten, wurden mehr als 200 Mönche und Nonnen freigelassen. Einer der Geistlichen sagte "Irrawaddy", sie seien nicht körperlich misshandelt worden, hätten aber Beschimpfungen und Demütigungen durch die Soldaten erleiden müssen. Zugleich kam es laut Berichten bei nächtlichen Razzien zu weiteren Verhaftungen von Zivilisten. Die EU kündigte eine Verschärfung ihrer Sanktionen gegen Birma an.

Das Militär versuche mit allen Mitteln, die Bevölkerung einzuschüchtern. Soldaten verkündeten über Lautsprecher: "Wir haben Fotos von euch. Wir kriegen euch." Nach offiziellen Angaben kamen bei den Militäreinsätzen gegen die Demonstranten 13 Menschen ums Leben. Menschenrechtsorganisationen gehen von weit höheren Zahlen aus. Unterdessen kündigte die EU ein härteres Vorgehen gegen Birma an. Die EU wolle beim Treffen der EU-Außenminister am 15. Oktober in Luxemburg eine Verschärfung der Sanktionen beschließen. Darauf einigten sich die EU-Botschafter der 27 EU-Staaten in Brüssel, wie die portugiesische EU-Präsidentschaft mitteilte.

Protest per Fernsehboykott
Nach der blutigen Niederschlagung der Proteste auf der Straße, verlegten einige Birmaner den Widerstand in ihre Wohnungen, wie "Mizzima" und "Irrawaddy" melden: Die Menschen schalteten zur Hauptnachrichtensendung des birmanischen Staatsfernsehens für 15 Minuten den Fernseher oder das Licht aus, um gegen die manipulierte Berichterstattung des Senders während der fast zweiwöchigen Massendemonstrationen zu protestieren.

Auch im Internet formiert sich Widerspruch. 3.100 Blogger weltweit schlossen sich bislang einem Aufruf an, den 4. Oktober zum "blogfreien Tag" zu machen. Damit solle Protest gegen die gewaltsame Niederschlagung des Volksaufstands und die weitgehende Abschaltung des Internets in dem südostasiatischen Land zum Ausdruck gebracht werden, wie die in Hongkong sitzende Menschenrechtsorganisation "Asian Human Rights Commission"
mitteilte.

Bereits am Dienstag starb nach Angaben von "Mizzima" Birmas Premierminister General Soe Win in einem Militärkrankenhaus in Rangun. Er war kürzlich aus Singapur zurückgekehrt, wo er seit Mai in einem Krankenhaus medizinisch behandelt wurde. Der Juntachef Than Shwe treu ergebene Politiker war in Birma wegen seiner Rolle als Drahtzieher eines Angriffs von regierungsnahen Schlägertrupps auf eine Wagenkolonne der Oppositionspolitikerin Aung San Suu Kyi 2003 bekannt. Auch die thailändische Tageszeitung "The Nation" meldete den Tod des Generals.