Lehmann: Missbrauch durch Priester aufdecken - Bischofskonferenz beendet

Zuständig ist der Ortsbischof

Die katholischen Bischöfe in Deutschland haben angekündigt, sexuellen Missbrauch durch Priester entschlossen aufdecken zu wollen. Sie würden sich diesem Problem "mit allen Kräften" stellen, sagte der Vorsitzende der Deutschen Bischofskonferenz, Kardinal Karl Lehmann, am Freitag in Fulda nach der Herbstvollversammlung der Bischöfe. Weiter mahnten sie eine Rückkehr zur Sachlichkeit in der Ökumene an. Zudem warnten die 70 Bischöfe vor einer Liberalisierung des Stammzellgesetzes.
Für Christen in der Türkei verlangten sie Rechtsstaatlichkeit.

Kardinal Lehmann in Fulda (DR)
Kardinal Lehmann in Fulda / ( DR )

Zur Debatte um den mutmaßlichen Missbrauchsfall im Bistum Regensburg sagte Lehmann, Ortsbischof Gerhard Ludwig Müller habe die Konferenz auf Wunsch vieler Amtsbrüder genauer informiert. In der zweieinhalb Stunden langen Aussprache habe sich gezeigt, wie "kontextabhängig, differenziert, verletzlich und anfällig" dieser Bereich sei. Zugleich hob der Kardinal hervor, die Verantwortung für einzelne Maßnahmen liege beim jeweiligen Ortsbischof. An die Medien appellierte er, mit "Sensibilität und Respekt" vor der Würde der Betroffenen über die Vorgänge zu berichten.

Lehmann kündigte an, im Frühjahr 2008 wollten die Bischöfe im Gespräch mit Fachleuten ihre Richtlinien zum Thema sexueller Missbrauch überprüfen. Generell müsse bei der Aufdeckung eines solchen Falles der Opferschutz Vorrang haben vor Barmherzigkeit und Mitleid mit dem Täter. Die Bischöfe bedauerten zutiefst Schäden, die bei den Opfern entstünden. Nach einer Verurteilung könne ein Täter auf keinen Fall wieder in der Seelsorge mit Minderjährigen tätig werden. Neue Erkenntnisse zum Krankheitsbild der Pädophilie sprächen entschieden gegen ein solches Vorgehen.

Ökumene in der Steilwand
Die Verstimmungen zwischen evangelischer und katholischer Kirche sieht Lehmann auch als Chance. Beide Kirchen müssten sich verändern, um auf dem Weg zur Einheit voranzukommen, mahnte er.

Eine "Ökumene des Status quo" führe nicht weiter. Die derzeitigen Belastungen im Dialog verglich der Kardinal mit einer Ermüdung beim Bergsteigen. Nach einer gemeinsamen weiten Wegstrecke stehe man nun vor der letzten, großen Steilwand. Dies seien die Fragen des kirchlichen Amts und des Kirchenverständnisses. Der Kardinal nannte in der jetzigen Situation die Belebung bewährter ökumenischer Kontakte vorrangig. Teile der protestantischen Kritik am römischen Dokument über die Einzigartigkeit der katholischen Kirche bewertete er als schädlich für die Ökumene.

In der bundespolitischen Debatte um die Stammzellforschung erteilten die Bischöfe jeder Gesetzeslockerung eine entschiedene Absage. Zu einer weiteren Aufweichung des Embryonenschutzes, etwa durch eine Verschiebung der geltenden Stichtagsregelung, dürfe es nicht kommen, sagte Lehmann. Derzeit dürfen deutsche Wissenschaftler in engen Grenzen nur vor dem 1. Januar 2002 im Ausland gewonnene embryonale Stammzellen verwenden. Darüber hinaus forderten die Bischöfe eine Neuausrichtung der deutschen und europäischen Forschungsförderung. Sie müsse weg von der embryonalen und hin zur adulten Stammzellforschung gehen.

Die Bischöfe drängten auch auf eine Wiederaufnahme des Reformprozesses in der Türkei. Berechtigte Anliegen der religiösen Minderheiten bräuchten endlich eine Lösung, die den Standards eines demokratischen Rechtsstaats entspreche. Lehmann zeigte sich empört über eine Entscheidung des Obersten Gerichts der Türkei, das im Juni dem Ökumenischen Patriarchen von Konstantinopel das Recht auf Verwendung seines Patriarchentitels abgesprochen hatte. Zugleich verweigerten die Richter eine Anerkennung des Patriarchats als juristische Person. Ein weltliches Gericht, so der Kardinal, dürfe sich nicht in innere Angelegenheiten der Kirche einmischen.

Führungszeugnis für katholische Priester?
Katholische Priester und andere kirchliche Mitarbeiter in den Niederlanden, die mit Kindern arbeiten, sollen laut einem Fernsehbericht künftig ein Führungszeugnis vorlegen.
Die Mehrheit der Abgeordneten im niederländischen Parlament unterstütze diese Forderung, hieß es am Donnerstagabend im Programm Netwerk des niederländischen öffentlichen Fernsehens.
Dadurch solle verhindert werden, dass wegen sexueller Vergehen Vorbestrafte etwa nach Versetzung auf andere Positionen weiter in der Kinderbetreuung tätig sein könnten.

Derzeit ist die Abgabe einer "Erklärung über (unbescholtenes) Verhalten" (VOG) nur für Taxifahrer, Grundschullehrer und Arbeitnehmer bei finanziellen Einrichtungen gesetzlich vorgeschrieben. Anlass für die Empfehlung sind nach Angaben der Programmmacher Berichte über sexuelle Vergehen an Jugendlichen auch in der katholischen Kirche. In den letzten sechs Jahren seien bei der Kirche in den Niederlanden 112 Meldungen über sexuelle Vergehen eingegangen. In 27 Fällen sei es zu einer Anzeige gekommen, zitierte der Sender eine kircheninterne Meldestelle.