Zum 30. Mal wird der begehrte "Lucas"-Preis verliehen

Internationales Kinderfilmfestival in Frankfurt

Kinder möchten möglichst schnell groß und stark werden, sie reisen in ihren Fantasien bevorzugt zu Abenteuern in ferne Welten. Vor allem aber träumen sie gerne davon, den Erwachsenen endlich Paroli zu bieten. Diese Sehnsüchte bilden die Fundamente und Eckpfeiler der Kinderliteratur und des Kinderfilms. Wie stabil diese Konstanten sind, zeigt das Internationale
Kinderfilmfestival "Lucas 2007", das noch bis Sonntag (30. September)
in Frankfurt am Main läuft und bereits zum 30. Mal über die Bühne
läuft.

 (DR)

Ein gutes Beispiel ist der Wettbewerbsbeitrag "Hinter den Wolken" aus Portugal. Er handelt vom zehnjährigen Paulo, der endlich seinen Großvater kennenlernen will. Auf eigene Faust und ohne Wissen seiner alleinerziehenden Mutter reist Paulo zu seinem Opa auf's Land. Wie sich Paulo und Miguel nach anfänglichem Zögern annähern und schließlich Vertrauen schöpfen, das schildert der Debütregisseur Jorge Queiroga in sonnigen Bildern voller warmer Farben. Es sind jedoch vor allem die sparsam, aber effektiv eingesetzten fantastischen Sequenzen, in denen Paulo mit seinem Großvater in einem mysteriösen Auto in die Vergangenheit reist, die ihm schließlich helfen, das tiefe Zerwürfnis zwischen seiner Mutter und seinem Großvater zu verstehen und Versöhnung zu stiften.

Vom Erwachsen werden
Noch größere Probleme muss der zwölfjährige Azad in dem sensiblen
Familiendrama "Hoppet" lösen. Der schwedische Regisseur Peter Naess
erzählt von Azad und seinem älteren Bruder Tigris, die nach
Luftangriffen auf ihr kurdisches Dorf von ihren Eltern nach Schweden
geschickt werden und sich dort als Asylbewerber durchschlagen müssen.
Auch Azad entwickelt großen Einfallsreichtum, um erst das Überleben
in der Fremde zu organisieren und dann mit Hilfe seines Talents als
Hochspringer eine familiäre Wiedervereinigung in Berlin in die Wege
zu leiten. Hochdramatisch und humorvoll, spannend, gefühlvoll und
charmant, "Hoppet" hat alles, was einen guten Kinderfilm ausmacht.

Wenn die Jury aus fünf Kindern und fünf erwachsenen Cineasten am
Samstag die begehrten "Lucas"-Preise vergibt, dann können sich
"Hinter den Wolken" und "Hoppet" Chancen ausrechnen. Sie wetteifern mit elf langen Filmen um zwei erste "Lucas"-Preise im Wert von je 2500 Euro. Dagegen konkurrieren 14 kurze Beiträge um den Kurzfilm-"Lucas", der mit 1000 Euro dotiert ist.

Auch Spaß muss sein
Bei der Jubiläumsausgabe des ältesten deutschen Kinderfilmfestivals sind aber keineswegs nur problemlastige Filme zu sehen. Auch komische und kurzweilige Produktionen fehlen nicht. So zum Beispiel der französische Filmklamauk "Nervensägen" über drei Elternpaare, die sich von ihren sieben verzogenen Kindern systematisch schikanieren lassen. Es dauert erstaunlich lange, bis sich die genervten Eltern endlich revanchieren und quasi über sich
hinauswachsen. Regisseur Eric Civanyan nutzt die kuriose Konstellation zu jeder Menge alberner Scherze und viel Situationskomik.

Positive Entwicklung für das Kinderfilm-Genre
30 Festivalausgaben bieten auch die Gelegenheit, zurückzuschauen und in einer "Best of"-Reihe frühere Preisträger und Klassiker des Kinderfilms wieder auf die Leinwand zu bringen. Die Retrospektive erinnert auch an die Verdienste des Festivals, das 1975 als Kinderfilmwoche im Kommunalen Kino angetreten war, um dem daniederliegenden deutschen Kinderkino neue Impulse zu geben. Das ist über die 30 Jahre gelungen. Mit nachhaltigen Folgen, wie Festivalleiter Günther Kinstler zurecht konstatiert: "Wenn heute der deutsche Kinderfilm wieder wirtschaftlich interessant und das Angebot
in kommerziellen und nichtkommerziellen Kinos so reichhaltig ist wie nie zuvor, so hat das jahrelange Engagement des Frankfurter Kinderfilmfestivals zu dieser Entwicklung beigetragen."