Merkel traf den Dalai Lama

Bedenken in den Wind geschlagen

Erstmals ist der Dalai Lama im Bundeskanzleramt in Berlin empfangen worden. Kanzlerin Angela Merkel (CDU) traf mit dem Oberhaupt des tibetischen Buddhismus am Sonntagnachmittag zusammen.
Bei dem Treffen handelte es sich nach Regierungsangaben um einen
"privaten Gedankenaustausch". Das Treffen stand demnach in einer
Reihe von Zusammenkünften Merkels mit Religionsführern.
China wirft dem Dalai Lama und den Exil-Tibetern separatistische Bestrebungen vor. Die Bundesregierung betont dagegen, es gehe um kulturelle und religiöse Autonomie Tibets in der Volksrepublik China.

 (DR)

China hatte das Treffen massiv kritisiert. Der deutsche Botschafter in Peking war deswegen in das chinesische Außenministerium einbestellt worden. China habe zudem "aus technischen Gründen" ein Treffen mit Bundesjustizministerin Brigitte Zypries (SPD) abgesagt, das am Sonntag in München im Rahmen des "Rechtsstaatsdialogs" stattfinden sollte, teilte das Ministerium mit.

Es geht um kulturelle Autonomie
Die Bundesregierung hatte die Kritik mehrfach zurückgewiesen und die guten deutsch-chinesischen Beziehungen hervorgehoben. Zugleich betonte sie, eine Lösung der Tibetfrage könne es nur im Dialog zwischen der chinesischen Regierung und dem Dalai Lama geben. Die Bundesregierung unterstütze die Bestrebungen des Dalai Lama nach weitgehender Autonomie Tibets, nicht aber nach einer Unabhängigkeit.

FDP-Chef Guido Westerwelle lobte den Empfang des Dalami Lama durch die Kanzlerin. "Die Außenpolitik der Regierung Merkel/Steinmeier wird, wohltuend anders als bei der Vorgängerregierung Schröder/Fischer, nicht von kurzsichtigen Taktierereien bestimmt, sondern von kluger Courage", sagte Westerwelle der "Frankfurter Rundschau" (Montagsausgabe). China sei "selbstbewusst genug, um diesen Meinungsaustausch im Bundeskanzleramt gelassen ertragen zu können".

In einem Interview der "Süddeutschen Zeitung" (Samstagsausgabe) sagte der Dalai Lama, überall wo er auftrete, werde er von der chinesischen Regierung kritisiert. Er warf der chinesischen Führung Macht-Arroganz vor. Er sei aber überzeugt, dass der internationale Druck langfristig einen positiven Einfluss auf Peking habe. In ihrem  Kampf für ein autonomes Tibet hielten sich die Tibeter weiter an das Prinzip der
Gewaltfreiheit. Der Dalai Lama versicherte, keine Unabhängigkeit, sondern eine Autonomie anzustreben.

Zypris will Ersatztermin
Bundesjustizministerin Brigitte Zypries (SPD) will die Meinungsverschiedenheiten mit China über die Tibetpolitik rasch beilegen. Nach der Absage eines Treffens zum deutsch-chinesischen Rechtsstaatsdialog durch Peking sagte Zypries der "Berliner Zeitung" (Montagausgabe) "Ich hoffe, dass dieser Dialog auch weiter eine Erfolgsgeschichte bleibt und nicht nachhaltig gestört wird."

Zypries kündigte an, sie werde sich um einen baldigen Ersatztermin für das abgesagte Treffen bemühen. "Die Achtung der Menschenrechte war und ist Gegenstand des Rechtsstaatsdialogs mit China", betonte die Justizministerin. Allerdings sei es international notwendig, "Belange und Positionen des Gesprächspartners zu beachten".