Mixa: Abschussfrage muss diskutiert werden - Katholische Soldaten begrüßen Debatte

Neue Bedrohungen, neue Fragen an Moraltheologie

Der katholische Militärbischof Walter Mixa hat sich zurückhaltend zur Diskussion über den möglichen Abschuss eines von Terroristen entführten Passagierflugzeugs geäußert. Die Soldaten hätten einen Anspruch auf eine moralisch-sachliche Antwort, die er derzeit nicht geben könne. Hamburgs katholischer Weihbischof Hans-Jochen Jaschke hat sich dagegen entschieden gegen einen möglichen Abschuss von Flugzeugen gewandt.

 (DR)

Nach Ansicht von Mixa sollte sich auch die Deutsche Bischofskonferenz mit dem Thema auseinandersetzen. Der Vorstoß von Bundesverteidigungsminister Franz Josef Jung (CDU) müsse zuerst hinter verschlossenen Türen durchdacht werden, schließlich stünde bei einem solchen Einsatz Leben gegen Leben. Und: Eine solche Anfrage habe bisher an die Moraltheologie nicht gegeben. Dazu sollten nicht nur Theologen, sondern auch Juristen, Politiker und Vertreter der Bundeswehr hinzugezogen werden. Zugleich erinnerte der Militärbischof an die Ablehnung des rot-grünen Luftsicherheitsgesetz durch das Bundesverfassungsgericht. Inwieweit diese Entscheidung bestehen bleibe, werde sich zeigen. In Stadtbergen findet noch bis Samstag die 47. Woche der Begegnung der Katholischen Militärseelsorge statt.

Erzbischof Zollitsch gegen Abschuss gekaperter Passagierjets
Der Freiburger Erzbischof Robert Zollitsch ist strikt gegen den möglichen Abschuss eines von Terroristen gekaperten Passagierflugzeugs. "Nicht jeder Zweck legitimiert jedes Mittel", sagte der katholische Geistliche den "Badischen Neuesten Nachrichten" (Freitagausgabe) in Karlsruhe. Bei dem Abschuss eines entführten Passagierflugzeugs wäre die Tötung von Menschen Mittel zum Zweck. Dies verbiete die Achtung vor dem Leben. Zollitsch zeigte zugleich Verständnis für Verteidigungsminister Franz Josef Jung (CDU): "Ich verstehe seine Sorgen, er müsste im Ernstfall innerhalb von drei Minuten entscheiden."

Auch Hamburger Weihbischof gegen Abschuss
Hamburgs katholischer Weihbischof Hans-Jochen Jaschke hat sich entschieden gegen einen möglichen Abschuss von Flugzeugen gewandt, die von Terroristen gekapert wurden.
"Unschuldige dürfen niemals geopfert werden", sagte er der "Bild"-Zeitung (Donnerstag). Die von Bundesverteidigungsminister Franz Josef Jung (CDU) angestoßene Diskussion sei gefährlich, "weil sie Stimmungen und Emotionen weckt".

Jedes einzelne Menschenleben müsse immer wertvoll bleiben und verdiene Schutz, unterstrich Jaschke. "Andere oder eine größere Zahl können nicht mehr wert sein als ein Einzelner." Jung habe eine "sehr problematische Äußerung gemacht", so der Geistliche.
Die Rechtslage in Deutschland verbiete, was der Minister in Erwägung ziehe. Ein übergesetzlicher Notstand, wie Jung ihn meine, könne für den Staat nicht in Frage kommen.

"Der Staat darf keinen für andere opfern!"
"Wir alle müssen uns dagegen wehren, menschliches Leben im Dienst des Gemeinwohls zu instrumentalisieren", erklärte der Weihbischof weiter. Dies müsse grundsätzlich ausgeschlossen bleiben. Die Kirche habe hier eine wichtige Aufgabe. "Sie muss daran erinnern, darauf pochen: Der Staat darf keinen für andere opfern!" Jaschke kündigte an, dass die katholische Kirche bald eine umfassende moralische und theologische Bewertung der Frage abgeben werde.

Katholische Soldaten begrüßen Debatte
Der Vorsitzende der Zentralen Versammlung der katholischen Soldaten, Stabsfeldwebel Ralf Eisenhardt, sagte, er sei froh, dass das Thema jetzt diskutiert werde. Für die Soldaten sei es aber nichts Neues, dass sie in der Erfüllung eines Auftrags in Gewissensnöte kommen könnten. Der Auftrag der Bundeswehr ist laut Eisenhardt im von der Bundesregierung herausgegebenen Weißbuch definiert. Dazu zähle der Kampf gegen den internationalen Terrorismus und der Schutz Deutschlands und seiner Bevölkerung.

Der Bundesvorsitzende der Gemeinschaft Katholischer Soldaten, Oberstleutnant Paul Brochhagen, erklärte, der Minister stelle sich mit seiner Aussage letztlich vor seine Leute. Doch die Verantwortung könne den Soldaten keiner abnehmen. Der Soldat müsse letztlich sein Handeln oder auch Nicht-Handeln vor Gericht plausibel machen.