Jesuitenpater Mennekes appelliert im domradio an Kardinal Meisner

"Er hat sich versprochen, jetzt soll er sich entschuldigen"

Seit dem Einweihungs-Gottesdienstes des Diözesanmuseums Kolumba steht Kardinal Meisner in der Kritik von Medien und Gesellschaft: In seiner Predigt hatte der Kölner Erzbischof die Begriffe "Kultur" und "entartet" in einen Zusammenhang gebracht. "Er hat sich versprochen, dann soll er das auch sagen und bedauern", wünscht sich der Jesuitenpater Friedhelm Mennekes im domradio-Interview. Der Theologe ist Gründer der "Kunst-Station Sankt Peter" in Köln. Er kennt Meisner schon viele Jahrzehnte und ist sich sicher: "Der Kardinal ist über alle Verdächtigungen erhaben. Und: Er ist moderner Kunst gegenüber offen."

 (DR)

Meisner und Beuys
"Er ist ein Kardinal des letzten Papstes, der ja im geschichtlichen, persönlichen und theologischen Umgang mit dem Nationalsozialismus rigoros war. Hier war er der große Meister." Umso erschrockener sei er gewesen, so Mennekes, als er der bis dahin "klugen Predigt" gelauscht habe. "Ich weiß ja, dass er einen ganz unbefangenen und freien Umgang mit der Kunst hat. Das Diözesanmuseum wäre überhaupt nicht auszudenken ohne ihn. Deshalb war ich auch so überrascht."

Als Beispiel für die Offenheit Meisners gegenüber der Wirkung von Kunst erinnert sich der Theologie-Professor an eine gemeinsame Begegnung mit einem Werk Joseph Beuys': "Wir schauten uns ein ganz kleines Blatt an, und darauf war ein großer Bär. Das war etwas, das ihn wie ein kleines Kind begeistert hat."

"Es gibt Wörter, die sind tabuisiert"
Warum der Kölner Kirchenmann den Begriff "entartet" gewählt hat, kann sich der 67-Jährige nicht genau erklären. Sein Versuch: "Der Kardinal hat wohl mit einem Begriff arbeiten wollen, der als Begriff bereits etwas beschreibt, nämlich: dass "Art", also Kunst, an bestimmten Stellen und unter bestimmten Bedingungen nicht mehr Kunst ist; dass Kunst darauf achten muss, dass sie - unter bestimmten Umständen - die Qualität Kunst zu sein, verliert. Das ist ja mein Problem, wenn ich selber gegen christliche Kunst polemisiere. Dass ich sage: Das ist irgendeine Art von Raumausstattung, die Qualität von Kunst aber ist etwas anderes. Der kritische Begriff, dass nicht alles, was als Kunst daher kommt, auch Kunst ist, ist ein Grundsatz der Kunstkritik. Nur: Ich darf dieses Wort nicht benutzen. Es gibt Wörter, die sind tabuisiert, Wörter die im Laufe der Geschichte getötet wurden. Diese Wörter sind weg."

Mennekes kritisiert im domradio auch die Medien: "Gleich nach dem Gottesdienst wurde mir ein Mikrofon vor die Nase gehalten. Schon da war mir klar: Da wird jetzt wieder Einer gejagt." Allerdings, so Mennekes, merke man den Journalisten an, dass ihre Seele schwanke. "Auf der einen Seite die Bewunderung für diesen großartigen Wurf [Anm. d. Red.: Das Kolumba-Museum], den Meisner von Beginn an begleitet hat. Und auf der anderen Seite dieser wirkliche Volkszorn. Eine Gesellschaft wird zornig über die Erinnerung an und den Ungeist ihrer Geschichte."

"Ich habe mich auch schon ein manches Mal bei ihm entschuldigt"
"Gerade erleben wir die Empörung des Augenblicks. Was bleiben wird, ist das Museum. Von daher mache ich mir keine Sorgen. Ich wünschte mir nur keine weiteren Winkelzüge mehr. Er hat sich versprochen, dann soll er das sagen und sich auch entschuldigen. Ich habe mich auch schon ein manches Mal bei ihm entschuldigt."

Friedhelm Mennekes gründete 1987 die Kunst-Station Sankt Peter als Zentrum für zeitgenössische Kunst und Musik. Seitdem finden hier Ausstellungen der Gegenwartskunst und Konzerte Neuer Musik statt. Im gleichen Jahr trat er auch seinen Dienst als Pfarrer der Jesuitenkirche Sankt Peter Köln an.

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