Bischof Fürst kritisiert Kardinal Meisner und die Verwendung des Begriffs "entartet"

"Nicht nachvollziehbar"

Der Rottenburger Bischof Gebhard Fürst hat die Verwendung des Begriffs "entartet" durch den Kölner Kardinal Joachim Meisner kritisiert. Zugleich äußerte Fürst am Montag in Rottenburg Verständnis für Meisners Gesamtanliegen bei der Beschreibung des Verhältnisses zwischen Kultur und Kunst.

 (DR)

Fürst nannte es "nicht nachvollziehbar", das Wort "entartet" bei der Frage nach Nähe oder Distanz zwischen Kunst und Religion zu verwenden. Er könne es Kunstschaffenden nicht verdenken, wenn sie sich diffamiert fühlten. "Diese durch die Nationalsozialisten geprägte Begrifflichkeit beschwört den Horizont schlimmer Exzesse der Barbarei und fürchterlicher Schicksale von Künstlern und Schriftstellern herauf", so der Bischof. Auch nur den Anschein irgendeiner Nähe dazu müsse man ohne Wenn und Aber meiden.

Kardinal Meisner hatte am Freitag zur Einweihung des neuen Kölner Diözesanmuseums Kolumba davor gewarnt, Kunst und Kultur von der Gottesverehrung abzukoppeln. Wo das geschehe, "erstarrt der Kultus im Ritualismus und die Kultur entartet". Die Äußerung hatte zahlreiche Reaktionen aus Politik und Gesellschaft ausgelöst. Das Erzbistum Köln wies diese Kritik an der Formulierung des Kardinals zurück. Es handele sich um eine aus dem Zusammenhang gerissene "Missinterpretation eines einzelnen Wortes", heißt es in einer am Wochenende verbreiteten Erklärung.

Ebenso wie Meisner betonte Fürst zugleich, dass Religion der Kern und das Fundament jeder Kultur sei. Zudem gebe es eine tiefe innere Nähe zwischen Religion und Kunst. In beidem bringe der Mensch seine Beziehung zur Transzendenz zum Ausdruck und versuche, das Unsagbare zum Ausdruck zu bringen, ohne es je angemessen darstellen zu können. Allerdings sehe er diesen Transzendenzbezug auch bei Künstlern und ihren Kunstwerken, die nicht ausdrücklich religiös seien oder sein wollten. Deren Verdienst sei es oft, die Frage nach dem Sinn zu stellen und so letztlich auch die religiöse Dimension des Menschen zur Sprache zu bringen. Die religiöse Tiefe der Kunst dürfe nicht darauf reduziert werden, ob darin ein ausdrückliches Glaubensbekenntnis erkennbar sei, sagte der Bischof.