Caritas im domradio zum Papst-Sudan-Treffen

Diplomatie abseits der Weltpolitik

Papst Benedikt XVI. hat am Freitag den sudanesischen Präsidenten Omar al Baschir in Castelgandolfo bei Rom getroffen. Die Begegnung war umstritten, Baschir werden zahlreiche Menschenrechtsverletzungen vorgeworfen. "Dennoch macht das Treffen Sinn", sagt Christoph Klitsch-Ott. Im domradio-Interview sprach der Afrika-Kenner von Caritas International im Vorfeld über mögliche Beweggründe und Ziele des Heiligen Vaters.

 (DR)

"Der Papst ist eine moralische Autorität"
"Der Sudan ist ja politisch weitestgehend isoliert. Und der sudanesische Präsident sucht natürlich politische Aufwertung durch solche Gespräche." Diese Tatsache mache den Besuch durchaus problematisch. Aber man müsse realistisch sein, fordert Klisch-Ott. Unter dem Strich habe der Papst die Möglichkeit, in einem geschützten Raum kritische Dinge zu besprechen. "Der Papst wird versuchen - nur deshalb hat er dem Besuch zugestimmt - dem sudanesischen Präsidenten einige Zugeständnisse abzuringen."

Der Weltgemeinschaft sei es bislang nicht gelungen, den Sudan-Konflikt politisch oder militärisch zu lösen, "Der Papst als moralische Autorität ist sicher die geeignete Person, ein Gespräch zu führen, in dem man auch abseits von politischen Erwägungen taktischen Überlegungen vielleicht auch Dinge sagt, die man sonst nicht sagen kann." Außerdem werde Benedikt XVI. sicherlich auch Punkte ansprechen, die ihm UN-Vertreter mit auf den Weg gegeben haben, glaubt der Afrika-Kenner.

Darfur im Mittelpunkt der Begegnung
Die Friedensbemühungen im Sudan und die Lage in Darfur standen im Mittelpunkt der Begegnung zwischen Papst Benedikt XVI. und dem sudanesischen Staatspräsidenten Omar el Baschir in Castelgandolfo. Wie der Vatikan nach dem Gespräch am Freitag mitteilte, äußerten sich beide Seiten sehr positiv über die Einberufung neuer Friedensverhandlungen für Darfur, die am 27. Oktober in Libyen geplant sind. Der Heilige Stuhl erhoffe sich davon ein Ende der Leiden und der Unsicherheit für die betroffenen Menschen. Die Bevölkerung müsse die humanitäre Hilfe erhalten, auf die sie ein Recht habe.

Neben Darfur-Krise habe man auch über den Schutz von Leben und Familie gesprochen, teilte der Vatikan mit. Weitere Themen seien die Achtung und Förderung der Menschenrechte und der Religionsfreiheit gewesen sowie die Bedeutung des interreligiösen Dialogs und der Zusammenarbeit von Gläubigen aller Religionen, besonders von Christen und Muslimen.

Nach der Audienz beim Papst traf el Baschir auch den vatikanischen Außenminister Erzbischof Dominique Mamberti zu einem Gespräch. Mamberti war bis September vergangenen Jahres päpstlicher Nuntius in der sudanischen Hauptstadt Khartum.

Empörung im Vorfeld
Menschenrechtler hatten im Vorfeld mit Empörung auf den geplanten Besuch im Vatikan reagiert. "Wenn es der katholischen Kirche mit ihrem Engagement für Menschenrechte und Gerechtigkeit ernst ist, dann sollte im Vatikan kein Platz sein für einen Gewaltherrscher wie Baschir", erklärte die Gesellschaft für bedrohte Völker am Montag in Göttingen. Papst Benedikt XVI. will Baschir nach Angaben des Vatikan am Freitag empfangen.

Der sudanesische Diktator habe sich schwerster Verbrechen gegen die Menschlichkeit schuldig gemacht, erklärte die Gesellschaft. Baschir sei für Völkermorde an mehreren Millionen Menschen im Südsudan, in den Nuba-Bergen und in Darfur verantwortlich. Kein sudanesischer Staatschef habe mehr Bischöfe, Priester und Gläubige inhaftieren und foltern lassen. Selbst Muslim, habe Baschir auch muslimische Kritiker seines Regimes jagen lassen. Dem Präsidenten gehe es in Rom nicht um Frieden, sondern um eine "Aufwertung seines Terrorregimes".

Benedikts Vorgänger Papst Johannes Paul II. hatte während seiner mehr als 25 Jahre dauernden Amtszeit zahlreiche Diktatoren in Audienz empfangen und bei Auslandsreisen besucht. Er nutzte solche Begegnungen, um Menschenrechtsverletzungen in den jeweiligen Ländern anzuprangern. Aus Sicht des Heiligen Stuhls kann im Dialog mehr Einfluss ausgeübt werden als durch Abwendung.