Polen blockiert "Europäischen Tag gegen die Todesstrafe"

Konsequente Nachbarn

Polen blockiert die Einführung eines "Europäischen Tags gegen die Todesstrafe". Das Land lehnte am Donnerstag in Brüssel bei einer Sitzung der Botschafter aller EU-Staaten als einziges einen solchen Tag ab, wie polnische Medien unter Berufung auf Diplomaten meldeten. Polen protestiere mit seinem Veto "gegen die selektive Behandlung des Rechts auf Leben", sagte der stellvertretende polnische Justizminister Andrzej Duda der Tageszeitung "Rzeczpospolita". So seien Abtreibung und Sterbehilfe vielfach erlaubt.

 (DR)

Alle anderen EU-Staaten wollen den 10. Oktober zum "Europäischen Tag gegen die Todesstrafe" erklären. Das Europaparlament und die EU-Kommission hatten dies bereits befürwortet. Polen schlägt stattdessen einen "Tag für den Lebensschutz" vor.

Nötig sei eine europäische Diskussion "über das Recht auf Leben vom Moment der Befruchtung bis zum natürlichen Tod", so Duda. In diesem Rahmen werde Polen die Todesstrafe ebenso verurteilen wie Abtreibung und Sterbehilfe. In der jetzigen Form sei der von der EU geplante Aktionstag schon deshalb eine "reine Inszenierung", weil es in keinem EU-Staat die Todesstrafe gebe, sagte der Minister und forderte: "Moralische Fragen wie der Vorschlag eines Tages gegen die Todesstrafe müssen im nationalen Entscheidungsbereich bleiben."

Kritik am polnischen Veto
Der Sprecher der EU-Kommission, Friso Roscam Abbing, sagte dagegen, ein solcher Tag müsse sich auf ein einziges Thema beschränken. Darin sei sich die EU-Kommission mit der EU-Präsidentschaft und dem Europaparlament einig. Die EU-Kommission räumte ein, dass für die Einführung des Tages gegen die Todesstrafe Einstimmigkeit im Ministerrat erforderlich sei.

Auch der Leiter der Päpstlichen Akademie Krakau, Bischof Tadeusz Pieronek, kritisierte die Blockadehaltung der polnischen Regierung. Die Kirche sei immer gegen die Todesstrafe eingetreten, sagte Pieronek der "Gazeta Wyborcza" (Donnerstag). Staatspräsident Lech Kaczynski und sein Bruder, Ministerpräsident Jaroslaw Kaczynski, sind erklärte Anhänger der Todesstrafe. Beide versichern jedoch, sie nicht einführen zu wollen.

EU-Parlament forderte 2001 Aktionstag
Die Initiative für einen "Europäischen Tag gegen die Todesstrafe" ging vom EU-Parlament aus. Es beschloss im Juli 2001 einen entsprechenden Entschließungsantrag. Zuvor hatten im Juni 15 Parlamentspräsidenten aus vier Kontinenten in Straßburg einen Aufruf für eine weltweite Abschaffung der Todesstrafe und ein Moratorium für Hinrichtungen unterzeichnet.