Appelle zum Auftakt der UN-Wüstenkonferenz

Touristenmagnete und Armutsregionen

In dem kleinen spanischen Städtchen Tabernas bei Almería ist das Ödland eine Touristenattraktion. "Willkommen in der Wüste" steht auf einem Schild am Ortseingang. Unzählige Hügel aus nacktem Kalk erheben sich in der Umgebung. Mit der Ausbreitung und dem Entstehen von Wüsten, der sogenannten Desertifikation, befasst seit Montag eine UN-Konferenz in Madrid.

 (DR)

Eindringliche Appelle
Mit eindringlichen Appellen, den Kampf gegen die Ausbreitung der Wüsten zu verstärken, ist am Montag die achte UN-Wüstenkonferenz in Madrid eröffnet worden. Die 191 Vertragsstaaten der UN-Konvention gegen die Wüstenbildung müssten die Arbeit finanziell besser unterstützen, forderte der kenianische Umweltminister David Mwiraria. Viele Programme im Rahmen der Konvention scheiterten an Geldnot, beklagte er.

Auch die spanische Umweltministerin Cristina Narbona forderte ein entschlosseneres Handeln. Der Verlust fruchtbaren Bodens veranlasse immer mehr Menschen, vor Hunger und Armut zu fliehen. Die Vertragsstaaten der Konvention stünden diesen Menschen gegenüber in der Pflicht. Der spanische Kronprinz Felipe erklärte, reine Luft, sauberer Boden und unvergiftete Lebensmittel seien Teil der Menschenrechte, die durch die Verödung ganzer Landstriche zunehmend gefährdet seien.

Weltweite Klimaveränderungen beschleunigen Prozess
"Tabernas ist ein gutes Beispiel, zu welchem Ergebnis die Bodenerosion in ariden, besonders trockenen Gegenden führt. Die Hänge sind ausgewaschen, ein wenig Restvegetation sammelt sich in den Tälern", sagt der spanische Forscher José Luis Rubio. Er gründete vor zehn Jahren in Valencia das spanische Forschungszentrum zur Desertifikation. Aber die karge Landschaft von Tabernas beschäftigt ihn gar nicht: Er bezeichnet sie als natürliche Wüste, die schon vor Jahrhunderten entstand.

"Desertifikation bedeutet hingegen, Gegenden werden zu Wüsten, die klimatologisch gesehen gar keine sein müssten", erklärt der Forscher.
Die in Trockengebieten nur wenige Zentimeter dicke Humusschicht wird vom Menschen überstrapaziert, die Böden veröden. Die weltweiten Klimaveränderungen beschleunigen diesen Prozess. In Spanien sind zwei Drittel des Landes bedroht, zehn Prozent der spanischen Erde ist bereits verloren. Auch Waldbrände treiben in Südeuropa die Desertifikation voran.

Eine Milliarde Menschen betroffen
Während in Europa die Verödung trockener Landstriche zu völlig unfruchtbaren Gegenden die Lebensmittelversorgung noch nicht bedroht, ist das in Entwicklungsländern bittere Realität. Dem Bundesentwicklungsministerium zufolge bedecken die gefährdeten Gebiete ein Drittel der Erde. Eine Milliarde Menschen ist betroffen - besonders in den 50 ärmsten Ländern.

So führt im westafrikanischen Mali die Ausdehnung von Acker- und Weideflächen sowie die Rodung von Bäumen für Brennholz zum Wachsen der Sahara, die bereits zwei Drittel des Landes ausmacht. Spanische Flüchtlingshilfswerke sehen darin einen Grund, weshalb unter den Tausenden Bootsflüchtlingen, die die Kanarischen Inseln jedes Jahr erreichen, immer mehr Menschen aus Mali sind.

Umweltorganisationen kritisieren Konferenz
Deutschland unterstützt daher in Mali Baumschulen. Und eine finnische Entwicklungsorganisation finanziert die Aussaat der Jatropha-Planze, deren Frucht ein Öl enthält, das als Biokraftstoff verwendet werden kann. Dies soll auch den Raubbau an den Wäldern für Brennholz verhindern. Zudem begnügt sich die große buschartige Pflanze mit sehr wenig Wasser. Als natürlicher Zaun um die Felder schützt sie vor Tieren und Erosion.

Umweltorganisationen kritisieren, dass es bei der Konferenz in Madrid kaum um konkrete Projekte gehen wird. Die bisherige Bekämpfung der Wüstenbildung müsse grundlegend überdacht werden, fordert die Umweltstiftung WWF. Auch Experten der staatlichen Deutschen Gesellschaft für Technische Zusammenarbeit werfen den Mitgliedsstaaten mangelnde Effektivität vor. Aktionsprogramme würden kaum koordiniert, Finanzzusagen nicht eingehalten und Expertendiskussionen über Nebensächliches geführt.

Von 3. bis 14. September tagen die Vertragsstaaten der UN-Konvention zur Bekämpfung der Desertifikation. Mehr als 800 Delegierte aus 191 Ländern sind vor Ort.