Widerstand bei SPD und Opposition gegen heimliche Online-Razzien per Behörden-E-Mails

"Bundestrojaner" vorerst ohne Chance

Der geplante Einsatz gefälschter Behörden-E-Mails für heimliche Online-Durchsuchungen von Computern Terrorverdächtiger stößt in der SPD auf starke Vorbehalte. Die Opposition und der Bundesdatenschutzbeauftragte Peter Schaar lehnten entsprechende Pläne von Bundesinnenminister Wolfgang Schäuble (CDU) zur Erweiterung der Kompetenzen des Bundeskriminalamtes (BKA) dagegen entschieden ab. Am Freitag wollen sich Experten von Union und SPD erneut mit dem Thema befassen.

Autor/in:
Manfred Rey
 (DR)

Der SPD-Innenexperten Dieter Wiefelspütz will zunächst das für Frühjahr 2008 erwartete Urteil des Bundesverfassungsgerichts zum Verfassungsschutzgesetz in Nordrhein-Westfalen abwarten. "Vorher wird es keine Entscheidung geben", sagte Wiefelspütz. Gegen das Gesetz, das Online-Durchsuchungen erlaubt, hat Ex-Bundesinnenminister Gerhart Baum (FDP) Verfassungsbeschwerde eingelegt.

Wiefelspütz forderte einen Testlauf, um das geplante Verfahren der Online-Durchsuchung simulieren zu können. "Wir wollen das in der Praxis sehen. Wir müssen das verstehen", sagte er. Die SPD habe auch nach der Beantwortung ihres Fragenkatalogs durch den Innenminister "noch eine Menge Fragen". Vor einer Genehmigung von Online-Durchsuchungen müsse außerdem das Parlament die einzusetzende Software vorgeführt bekommen.

Schaar unterstrich, die sogenannten Bundestrojaner dürfe es auch in Ausnahmefällen nicht geben. "Die Polizei darf sich nicht als Jugendamt Köln ausgeben, um eine Ermittlungssoftware auf dem Computer des Betroffenen aufzuspielen. Das ist auf gar keinen Fall zulässig", betonte er. Wer einen elektronischen Brief vom Jugendamt oder Finanzamt bekomme, "muss sicher sein können, dass das Schreiben auch von diesen Ämtern stammt und nicht etwa vom BKA".

Es stelle sich die Frage, wie man den "Kernbereich der Privatsphäre" bei einer solchen Methode wirksam schützen wolle. "Darauf gibt es keine befriedigende Antwort", kritisierte Schaar. Die Verwertbarkeit derartiger Daten in einem Strafverfahren sei für ihn "überhaupt nicht vorstellbar". Daher plädiere er dafür, "nicht übereilt" neue gesetzliche Befugnisse zu schaffen. Auch müsse berücksichtigt werden, wie das Bundesverfassungsgericht über das Verfassungsschutzgesetz von Nordrhein-Westfalen entscheidet.

Der Grünen-Innenexperte Wolfgang Wieland kritisierte: "Wer Behördenpost als Träger von Spionageprogrammen einsetzt, untergräbt das Vertrauen der Bürger in staatliche E-Mails." Es sei auch naiv zu glauben, dass Terroristen, die konspiratives Arbeiten gewöhnt seien, sich auf diese Weise foppen ließen. "Bundestrojaner als E-Mail-Anhang sind in etwa so unauffällig wie Personenbeschattung in Schlapphut, Sonnenbrille und grauem Trenchcoat." Schäubles Pläne seien ein "großer Schnüffelangriff", sagte der Rechtspolitiker.

Der FDP-Innenexperte Max Stadler forderte, "diesen Unsinn muss das Parlament stoppen". Dies hatte zuvor auch der Linke-Innenexperte Jan Korte verlangt und vor einer "Schnüffelsoftware" gewarnt. Das Verschicken gefälschter E-Mails zerstöre das Vertrauen in die Institutionen. "Niemand wird mehr Behörden-Mails Glauben schenken, weil Schnüffelattacken zu befürchten sind", erklärte er.