Ein Kommentar von Pater Eberhard Gemmingen SJ

Minarette in Europa

Europaweit wird derzeit über den Bau von Moscheen und über die Höhe von Minaretten diskutiert. Man fragt sich: Wollen Politiker, die sich christlich nennen, die Religionsfreiheit einschränken und den Bau von Gebetsstätten verhindern? Was steht dahinter, und wie soll man sich verhalten? Der Leiter der deutschsprachigen Redaktion von Radio Vatikan mit einem Kommentar zum Thema.

 (DR)

Zunächst ein paar Fakten: Besonders heftig diskutiert wird derzeit über Moschee- und Minarettbau in London, Marseille, Sevilla und Köln, vor allem aber in der Schweiz. Hier sollen zwar Moscheen weiterhin erlaubt, Minarette aber ganz verboten werden. In London haben rund 300.000 Personen eine Petition gegen eine Super-Moschee für 12.000 Beter unterzeichnet. In Marseille wird über indirekte Finanzhilfen durch die Stadt zugunsten einer Mosche für die 200.000 Muslime diskutiert. In Köln geht es nur um die Höhe der Minarette. Was die Schweiz plant: Minarettverbot per Verfassungsänderung. Ein Fachmann meint, das wird in Europa Schule machen.

Meiner Ansicht nach widerspricht die Einschränkung von Baugenehmigungen an nichtchristliche Religionen an sich unserem Grundverständnis von Religionsfreiheit. Aber: In der konkreten kulturellen und politischen Situation muss Europa den Muslimen zeigen, was die Voraussetzungen für Religionsfreiheit sind. Der Islam muss die Gewissensfreiheit des Einzelnen, eine Religion zu wählen oder ihre Religion zu wechseln, anerkennen. Er muss Christen in mehrheitlich muslimischen Ländern den Bau von Gotteshäusern und religiöse Aktivitäten gestatten. Christen haben ein Recht, sich dort ohne Gefahr für Leib und Leben aufhalten zu können und den gleichen Schutz zu genießen wie Nichtchristen.

Europa hat diese Prinzipien der Religionsfreiheit in mühseligen Kämpfen gelernt. Die Muslime müssen ebenso lernen. Lernen kann man durch gutes Beispiel und durch einen gewissen Druck. Dazu kommt leider das politische Gewicht von muslimischen Terroristen. Gemäßigte Muslime müssen die gewaltbereiten in die Schranken weisen. Toleranz gehört zwar zum Wertekanon in Europa - aber gegen Intoleranz muss man intolerant sein.

Wir können und dürfen Moscheen zwar nicht verhindern. Denn auch das Gebet der Muslime ist für Christen ein Wert. Religionslosigkeit ist kein Wert an sich. Aber wir können durch Größenbegrenzungen und Minarettverbot den Muslimen zeigen: Solange sie sich nicht an die Prinzipien der Religionsfreiheit halten, sowie an die Regeln der Gastfreundschaft, können wir ihnen leider nicht d i e Freiheiten gewähren, die wir ihnen grundsätzlich gerne einräumen würden. Die Politik bietet selten Gelegenheit, Prinzipien zu zeigen. Dies ist eine Gelegenheit.