Bund und Länder erzielen Einigung im Krippenstreit - Streit um Betreuungsgeld geht weiter

Zwischen Eintracht und Streit

Im Streit über den Ausbau der Krippenplätze haben Bund und Länder eine Einigung erzielt. Damit kann ab Januar 2008 der Ausbau starten. Von den insgesamt vier Milliarden Euro Bundesmitteln sollen 2,15 Milliarden bis 2013 in Bau und Einrichtung der Kitaplätze und 1,85 Milliarden in die laufenden Betriebsausgaben fließen. Die Zahl der Tagesbetreuungsplätzen für unter Dreijährige soll bis 2013 auf rund 750 000 verdreifacht werden. Dafür stellt der Bund insgesamt vier Milliarden Euro bereit. Beim Betreuungsgeld wurde keine Einigung gefunden.

Autor/in:
Christoph Strack
 (DR)

"Ein wirklich großer und erfolgreicher Tag für Familien und junge Eltern", "ein außergewöhnlicher, fast historischer Prozess..." Es ist wieder einer dieser Momente, in denen Bundesfamilienministerin Ursula von der Leyen (CDU) so richtig in ihrem Element ist. Neben sich Minister und Ministerpräsident - "rahmen Sie mich ein, meine Herren!" - vor sich Fernsehkameras und ein gutes Dutzend Mikrofone, hinter sich eine weitere Etappe auf dem Weg der familienpolitischen Tour 2007.

Bund und Länder verständigten sich am Dienstag auf das konkrete Finanzierungskonzept für den Krippenausbau und damit auf den Weg zum Rechtsanspruch auf einen Kindergartenplatz ab 2013. Deutlich stärker als geplant - mit 1,85 Milliarden Euro - wird der Bund Ländern und Kommunen bei den Betriebs- und Personalkosten helfen. Zunächst, so Finanzminister Peer Steinbrück (SPD), entfallen auf die laufenden Ausgaben im Jahr 2009 nur 100 Millionen, das steigt auf 700 Millionen im Jahr 2013 an. Und ab 2014 gibt der Bund den Ländern Jahr für Jahr 770 Millionen Euro - rund ein Drittel der erwarteten Ausgaben - für die Betriebskosten.

Gut drei Monate liegt der gelegentlich auch als historisch bewertete Beschluss des Koalitionsausschusses zum Krippenausbau
zurück: Verdreifachung der Krippenplätze auf 750.000 bis 2013, dafür vier Milliarden Euro vom Bund, Rechtsanspruch, so etwas wie ein Betreuungsgeld. Nun gelang es, die am späten 14. Mai im Kanzleramt vereinbarte Förderung konkreter zu machen. Dazu zählt auch ein Stück buchungstechnischer Trickserei, um den Schein einer angeblich erfolgreichen Föderalismusreform zu wahren und den Bund nicht wieder neu in Länderangelegenheiten hineinagieren zu lassen. Steinbrück nennt es "eine Art Vorwegabzug aus der Umsatzsteuer", wenn der Bund demnächst den Ländern bei der Umsatzsteuerverteilung einen Festbetrag gleich überweist.

Gleichwohl ist die Einigung vom Dienstag nur eine Etappe auf der familienpolitischen Tour 2007. Und da die Akteure merken, dass das Thema medial gefragt ist und sich gewiss auch als Wahlkampfthema eignet, werden auch die nächsten Stationen mit neuem Krach eingeläutet werden, bevor sich alle Seiten nach einem guten Tag für die Familien in Deutschland in den Armen liegen.

Auch an diesem Dienstag sprach CDU-Generalsekretär Ronald Pofalla, treibende Kraft sei natürlich Parteifreundin von der Leyen gewesen, während kämpferische SPD-Stimmen an den "Widerstand aus der Union" gegen den Rechtsanspruch erinnerten.

Ein heikler Punkt bleibt die Frage, ob die vier Milliarden für das Ziel der 750.000 Betreuungsplätze ausreichen. Stephan Articus, Hauptgeschäftsführer des Deutschen Städtetages, bekräftigte seine Zweifel. Das hänge stark vom finanziellen Engagement der Länder ab, die nun in der Pflicht seien.

Heikler dürfte der nur verschobene Streit um das Betreuungsgeld werden, jene finanzielle Leistung für Eltern, die ihre unter dreijährigen Kinder daheim betreuen lassen wollen. "Wir haben uns exakt an den Wortlaut des Koalitionsausschusses gehalten", meinte von der Leyen. Jene nächtliche Formulierung vom Mai, über deren Bindekraft es schon wenig später kaum mehr parteipolitischen Konsens gab, bleibt also aktuell. Steinbrück senkte bereits den sozialdemokratischen Daumen: Über das Betreuungsgeld werde man reden müssen, "wir haben das nicht beschlossen".

Das wird in CSU-Reihen anders gesehen. Bayerns Sozialministerin Christa Stewens, die in Berlin dabei war, betonte wenig später, mit ihrer Partei gebe es einen Rechtsanspruch auf einen Krippenplatz nur, wenn auch das Betreuungsgeld gesetzlich verankert werde. Und der Vorsitzende der CSU-Landesgruppe im Bundestag, Peter Ramsauer, wurde mit seiner Forderung gleich konkreter. Die Forderung nach einem Betreuungsgeld ab 2013 müsse "gegebenenfalls auch Gegenstand eines Kabinettsbeschlusses in der nächsten Woche sein", sagte er der "Leipziger Volkszeitung".