Berufsarmee oder Wehrpflicht? - Wohlfahrtsverbände fordern Planungssicherheit beim Zivildienst

Freiwillige Wehrpflicht

Die Sozialdemokraten wollen künftig nur noch Freiwillige in der Bundeswehr dienen lassen. Mit einer besseren Ausstattung soll um Freiwillige für den Wehr- und Zivildienst geworben werden. Union und FDP lehnen den Vorschlag ab. Die SPD wolle von parteiinternen Differenzen ablenken.
Die Diakonie hat begonnen, sich auf das mögliche Aus für den Zivildienst einzustellen.

 (DR)

Laut einem Leitantrag für den SPD-Bundesparteitag Ende Oktober soll die Wehrpflicht im Grundgesetz zwar beibehalten werden. Zum Dienst in den Streitkräften sollen aber nur noch diejenigen einberufen werden, "die sich zuvor bereit erklärt haben, den Dienst in der Bundeswehr leisten zu wollen" - und zwar "unter Beibehaltung der Musterung und Wehrgerechtigkeit".

Mit dem SPD-Modell komme man der Wehrgerechtigkeit näher, sagte Beck am Sonntag im ARD-"Bericht aus Berlin". In Deutschland brauche man etwa 55 000 Wehrpflichtige, rund 25 000 länger dienende Freiwillige gebe es heute schon. "Also brauchen wir noch 30 000 und ich denke, die können wir auf diesem Weg jährlich gewinnen."

Der Zivildienst müsse zudem nach gleichen Maßstäben organisiert werden. "Auch dort werden wir für Freiwilligkeit werben und Anreize setzen", sagte er. Als Beispiele dafür nannte er eine bessere Finanzierung sowie eine Anerkennung des Dienstes bei der Bewerbung um Studienplätze.

Wehrpflicht prägt demokratische Armeen
CSU-Außenpolitiker Karl Theodor zu Guttenberg kritisierte das SPD-Papier. Er erkenne darin "kein schlüssiges Konzept", sondern nur den Versuch, "von den Differenzen in den eigenen Reihen über die Zukunft der Wehrpflicht abzulenken".

Verteidigungsminister Franz Josef Jung (CDU) weist den SPD-Vorschlag entschieden zurück. "Solange ich etwas zu sagen habe, werden wir an der Wehrpflicht festhalten", sagte Jung im Deutschlandfunk. Jung verwies darauf, dass sich derzeit nach dem Wehrdienst rund 25 000 Personen weiter verpflichten. Benötigt würden aber 60 000. Es sei eine "Illusion" zu denken, dass sich so viele freiwillig meldeten, sagte er. Darüber hinaus dürfe der Zivildienst nicht vergessen werden. Der Minister betonte, eine Armee in der Demokratie sei geprägt durch die Wehrpflicht. Dadurch erhalte die Bundeswehr ihren Bezug zur Gesellschaft und habe ein hohes Ansehen in der Bevölkerung.

Profis kosten mehr
Bundeswehroffiziere dagegen liebäugeln mit einer Berufsarmee. Aus Offizierskreisen waren am Montag in Berlin die Argumente dafür klar zu vernehmen - große Professionalität, zu jeder Zeit präsent, überall ohne Schwierigkeiten schnell einsatzbereit und keine Probleme mit der Kriegsdienstverweigerung. "Das sind für unsere Armee im Auslandseinsatz schon entscheidende Gesichtspunkte", meinte ein General. Er gab jedoch zu: "Profis kosten mehr".

Ausstieg aus dem Zivildienst
Vor dem Hintergrund der Debatte um eine Freiwilligen-Armee hat das Diakonische Werk Planungssicherheit bei den Zivildienstleistenden gefordert. Die Diakonie sei bereits auf ein Ende des Zivildienstes vorbereitet. Für eine solche Umstellung brauche das Diakonische Werk aber mindestens einen Vorlauf von zwei Jahren.

Da die Debatte um das Ende der Wehrpflicht schon seit zehn Jahren laufe, würden sich die diakonischen Einrichtungen "nach und nach von Zivildienstleistenden verabschieden", sagte der Referent für freiwilliges Engagement und Zivildienst, Rainer Hub. Die Anzahl der Zivildienstleistenden bei der Diakonie habe sich seit dem Jahr 2000 auf derzeit rund 14.000 halbiert.

Die Diakonie setzt auf einen Ausbau des Freiwilligen Sozialen Jahres (FSJ), sagte Hub. Zudem müsse das Ehrenamt weiter gestärkt werden, "um die Zivis zu ersetzen". Hier könnten nicht nur junge Menschen, sondern beispielsweise auch Senioren tätig werden.

Freiwilliges soziales Jahr statt Zivildienst
Bundesweit ist die Anzahl der Zivildienstleistenden in den letzten Jahren deutlich zurückgegangen. Leisteten im Jahr 2000 noch rund 124.000 junge Männer Zivildienst, waren es 2006 nur noch rund 62.000.
Die Anzahl junger Menschen, die ein Freiwilliges Soziales Jahr leisten, ist nach Angaben der Evangelischen Freiwilligendienste hingegen stark gestiegen: von 15.000 im Jahr 1997 auf derzeit rund 35.000.