Alleinerziehende kommen mit Hartz-IV-Leistungen kaum zurecht - Wohlfahrtsverbände fordern Nachbesserungen

Sparen für eine neue Waschmaschine

Am schlimmsten ist für Simone B. die Unsicherheit. "Ich weiß nicht, wie es weitergehen soll", sagt die 43-Jährige. Seit eineinhalb Jahren lebt die alleinerziehende Mutter von den Hartz-IV-Leistungen. 970 Euro bekommt sie pro Monat. Etwa 320 Euro davon bleiben ihr und ihrem viereinhalb Jahre alten Sohn davon zum Leben. Dazu kommen 154 Euro Kindergeld. Insgesamt ist dies zu wenig sagen Wohlfahrtsverbände und fordern dringend Nachbesserungen bei Hartz IV.

 (DR)

450 Euro Miete zahlt Simone B. für knapp 50 Quadratmeter, rund 200 Euro für Strom und Gas, Telefon, Versicherungen. Geld für Extras bleibt da nicht. "Wenn sie im Kindergarten Ausflüge machen, für die man bezahlen muss, bringt mich das jedes Mal zum Schwitzen", sagt die Münchnerin. Nächstes Jahr kommt ihr Sohn in die Schule. "Bis dahin muss ich eine Arbeit gefunden haben", sagt sie. Rund 200 Euro kostet die Grundausstattung für die Schule. Dazu kommen Ausflüge oder Klassenfahrten.

So durchforstet die 43-Jährige täglich den Stellenmarkt, steht in ständigem Kontakt zur Agentur für Arbeit, schickt im Schnitt etwa drei Bewerbungen pro Woche weg  bisher ohne Erfolg. "Ich hätte nie gedacht, dass ich einmal so weit unten lande", sagt Simone B. 17 Jahre lang hatte sie als Krankenschwester gearbeitet, danach zwei Jahre bei einem Schulungsunternehmen für Mediziner. Dann wurde sie schwanger. Am Ende der drei Jahre Elternzeit meldete das Unternehmen Konkurs an. Simone B. verlor ihre Stelle.

Um bessere Chancen zu haben, absolvierte sie eine zusätzliche kaufmännische Ausbildung. Als Krankenschwester kann sie wegen des Schichtdienstes nicht mehr arbeiten. Sie wurde bereits zu einigen Bewerbungsgesprächen eingeladen. Es scheiterte immer am Kind. "Als Alleinerziehende ist man eben nicht superflexibel." Freunde unterstützen die agile Frau. Sie leihen Geld, wenn es der Kühlschrank nicht mehr tut oder nehmen den Kleinen mal mit ins Legoland. Für sich selbst gibt Simone B. kaum Geld aus.
Wie Simone B. geht es vielen Alleinerziehenden und Familien, die von Hartz-IV-Leistungen leben müssen. Nach Angaben der Bundesagentur für Arbeit leben bundesweit rund 1,8 Millionen Kinder unter 15 Jahren von Hartz IV. Insgesamt hat die Zahl der Hartz-IV-Empfänger laut Deutscher Landkreistag einen neuen Höchststand von 7,4 Millionen Menschen erreicht.

Die Situation der Alleinerziehenden hat sich durch Hartz IV verschärft", sagt Sabina Schutter vom Bundesverband Alleinerziehender Mütter und Väter. Mit rund 200 Euro Regelleistung im Monat könne man nur schwer ein Kind versorgen. Besonders schwierig sei für arbeitslose Alleinerziehende die Rückkehr in den Beruf: "Meist scheitert es an der Kinderbetreuung." Der Verband fordert, das Leistungsgesetz so zu verändern, dass es mehr auf die Besonderheiten des Einzelfalls reagieren könne.

Auch die Wohlfahrtsverbände schlagen Alarm. "Das größte Problem ist, dass es keine Einmalzahlungen für Kleidung, Haushalt oder Ausstattung für die Schule mehr gibt", sagt Dorothea Eichhorn vom Diakonischen Werk. Der Andrang auf Hilfen im Einzelfall bei der Diakonie sei daher enorm. "Seit Einführung von Hartz IV haben sich die Antragszahlen fast verdoppelt", berichtet Eichhorn. Der Regelsatz von 347 Euro sei "nicht existenzsichernd". Zudem werde verlangt, davon Geld anzusparen, etwa für den Fall, dass eine neue Waschmaschine nötig sei.

Wohlfahrtsverbände fordern eine Erhöhung der Regelsätze um bis zu 20 Prozent. "Es sind immer die gleichen Kinder, die bei Klassenausflügen krank werden", sagt der Hauptgeschäftsführer des Paritätischen Wohlfahrtsverbandes, Ulrich Schneider. Der bisherige Regelsatz berücksichtige nicht, was ein Kind wirklich brauche. Dafür sei eine genauere Einteilung nach Altersstufen wichtig, denn ein "15-Jähriger braucht nun mal mehr als ein Dreijähriger". (Doris Richter, epd)