Güterverkehr soll ab Donnerstag bestreikt werden - Produktionsausfall in Millionenhöhe droht

Politiker fordern Schlichter im Bahnkonflikt

Vor dem drohenden Bahnstreik mehren sich die
mahnenden Stimmen aus der Politik. So sieht Schleswig-Holsteins
Wirtschaftsminister Dietrich Austermann (CDU) den Aufschwung in
Gefahr. "Der wirtschaftliche Aufschwung ist ein Ergebnis
der Zurückhaltung bei den Tarifverhandlungen in den vergangenen
Jahren. Jetzt droht die positive Konjunkturentwicklung durch
überzogene Forderungen aufs Spiel gesetzt zu werden."

 (DR)

Politiker von Union und FDP fordern deshalb, dass ein Vermittler im Tarifstreit schlichten soll. "Nur mit der Benennung von Mediatoren kann die Eskalationsspirale zurückgedreht werden", sagte FDP-Generalsekretär Dirk Niebel. Der drohende Streik mit seinen immensen Bremswirkungen für den wirtschaftlichen Aufschwung sei nicht nur ein Thema der Tarifparteien, sondern auch für die Bundesregierung, weil der Bund nach wie vor Eigentümer der Bahn sei.

Der Tourismusbeauftragte der Bundesregierung, Ernst Hinsken (CSU), warnte vor einer Imageschädigung für den Standort Deutschland: "Ein Streik bei der Bahn gerade in der Urlaubszeit hätte weitgehende Folgen", sagte Hinsken. Auch die Bahn müsse sich bewegen und etwas flexibler zeigen. Der Vergleich mit anderen europäischen Ländern zeige, dass die Gehälter der deutschen Lokführer eher am unteren Ende lägen. Ein Streik müsse aber unbedingt abgewendet werden. Auch der CSU-Mann setzt auf einen Vermittler in letzter Minute: "Ein Schlichter, der in dem Streit vermitteln könnte, müsste dann ein allerletzter Versuch sein."

Produktionsausfälle schon nach zwei Tagen Streik Automobilkonzerne, Chemieunternehmen, Energiewirtschaft und Stahlhersteller wären von einem Streik besonders betroffen, aber auch die Lebensmittelbranche transportiert viele Rohstoffe auf der Schiene.

Da viele Unternehmen kaum noch Zwischenlager unterhalten und Lieferungen Just In Time anfordern, kann es schon in zwei bis fünf Tagen zu erheblichen Produktionsschwierigkeiten kommen, erläutert Dr. Holger Hildebrandt, Hauptgeschäftsführer vom Bundesverband Materialwirtschaft, Einkauf und Logistik im domradio-Interview. Lastwagen könnten den Transport auf der Schiene nicht ersetzen.

Das deutsche Institut für Wirtschaftsforschung spricht von Schäden für die Volkswirtschaft von 500 Millionen Euro am Tag, die ein flächendeckender Streik kosten würde. Die Bahn erwartet Umsatzeinbußen in Millionenhöhe, täglich. "Sollte deutschlandweit kein Zug mehr fahren, müsste die Bahn Umsatzeinbußen beim Personenverkehr von 27 Mio. Euro pro Tag verkraften." Hinzu käme ein Minus von 15 Mio. Euro im Güterverkehr,  sagte die Verkehrsexpertin des DIW, Claudia Kemfert, der "Saarbrücker Zeitung".

Keine Streiks im NRW-Nahverkehr
Für den Regionalverkehr in NRW hat das Arbeitsgericht Düsseldorf einen Streik untersagt. Das Gericht erließ auf Antrag der Deutschen Bahn AG eine einstweilige Verfügung. Die Richter beriefen sich dabei auf den Grundsatz der Tarifeinheit, wonach in einem Betrieb nur ein Tarifvertrag gelten soll. Die GDL hat gegen das Urteil Berufung eingelegt. Die Berufung wird in Frankfurt verhandelt, dem Sitz der GDL. Ein Termin steht noch nicht fest.

Beim letzten Lokführerstreik 2003 entschied das Landesarbeitsgericht Frankfurt zugunsten der GDL. Die Bahn versucht deshalb, vor anderen Gerichten zu klagen. Bei einer klage vor dem Arbeitsgericht in Mainz scheiterte die Bahn. Das Gericht in Mainz hat den Antrag der DB-Regio für ein Verbot von bundesweiten Lokführerstreiks zurückgewiesen, da ein Aufruf zum Streik noch nicht erfolgt sei.

Bahn stellt sich auf langen Streik ein
Die Bahn rechnet nach Medienberichten mit einem langen, bundesweiten Streik. Um die Auswirkungen für die Fahrgäste zu minimieren, will die Bahn auch verbeamtete Lokführer einsetzen, die inzwischen an anderen Stellen des Unternehmens tätig sind. Von einem Streik betroffen wären 50-60 Prozent des Verkehrsaufkommens, schätzt die Bahn.

Informationen für Bahnreisende
Reisenden wird empfohlen, sich vor Reiseantritt unter http://www.bahn.de/aktuell über die aktuelle Lage im Zugverkehr zu informieren.

Bei der Reiseauskunft der Bahn können sie sich für jeden Bahnhof aktuelle Fahrzeiten und Verspätungen anzeigen lassen.

Zusätzlich steht die kostenlose Service-Hotline der Bahn unter der Telefonnummer 08000 996633 rund um die Uhr zur Verfügung.